Messerattacke in Zug: Druck auf Justizsenatorin Gallina wächst
Hat die Hamburger Justiz bei der Haftentlassung des mutmaßlichen Täters von Brokstedt Fehler gemacht oder nicht? Antworten auf diese Frage soll Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) am Donnerstag im Justizausschuss geben. Vermutlich wird auch die Bürgerschaft am Mittwoch in der Aktuellen Stunde darüber sprechen.
Bislang gibt es nur eine schriftliche Stellungnahmen aus der Justizbehörde. Und jede Menge Fragen: Warum wurde der Mann aus der Haft entlassen? Gab es eine weitere Betreuung? Welche Hilfe ist ihm angeboten worden? Die CDU will wissen, warum die Hamburger Justiz so langsam arbeitet. Die AfD spricht von Kuschel-Justiz.
Mutmaßlicher Täter kam in Hamburg aus U-Haft frei
Fest steht: Der Mann saß in Untersuchungs- und nicht in Strafhaft. Das Urteil aus dem vergangenen Sommer gegen ihn war noch nicht rechtskräftig. Weil die Zeit der U-Haft aber jetzt länger als die ursprüngliche Haftstrafe gedauert hätte, kam der Mann auf freien Fuß. Bei Strafentlassenen sind Resozialisierungsmaßnahmen vorgeschrieben. Menschen, die aus U-Haft entlassen werden, juristisch also noch als unschuldig gelten, sollen Hilfen laut Gesetz angeboten werden. Eine wichtige Rolle wird auch das psychatrische Gutachten spielen, dass dem Mann kurz vor der Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt keine Fremd- oder Selbstgefährdung bescheinigte.
Resozialisierungsexperte: Kritik an Gallina
Resozialisierungsexperte Bernd Maelicke hatte am Wochenende der Justizsenatorin im "Hamburger Abendblatt" vorgeworfen, das 2019 beschlossene Hamburger Gesetz zu Resozialisierung und Opferschutz ignoriert zu haben. Das Gesetz soll verhindern, dass Ex-Häftlinge in ein "Entlassungsloch" fallen, wenn sich die Gefängnistore öffnen. Gallina habe es in diesem Fall nicht angewendet, sagte der Jurist Maelicke der Zeitung. Sie trage als Senatorin die Verantwortung. Ein Sprecher der Justizbehörde entgegnete: "Die Vorgaben des Gesetzes zum Eingliederungsplan und auch zum Integrierten Übergangsmanagement gelten nur für die Strafhaft, nicht für die Untersuchungshaft."
Zwei Tote, mehrere Verletzte
Bei der Tat in der Regionalbahn von Kiel nach Hamburg wurden eine 17-Jährige und ein 19-Jähriger getötet. Fünf weitere Menschen wurden schwer verletzt. Drei Verletzte werden derzeit noch in Krankenhäusern behandelt. Das teilte die Polizei in Itzehoe am Montag mit. Es handle sich um eine 27-Jährige aus Hamburg sowie eine 54-Jährige und einen 62-Jährigen, die beide aus Schleswig-Holstein kommen. Zwei junge Männer im Alter von 22 Jahren seien aus dem Krankenhaus entlassen worden.
Haftbefehl wegen Mordes gegen 33-Jährigen
Gegen den mutmaßlichen Täter, einen 33-jährigen staatenlosen Palästinenser, wurde Haftbefehl wegen zweifachen Mordes und versuchten Totschlags in vier Fällen erlassen. Erst wenige Tage vor der Tat im Zug war er in Hamburg aus der U-Haft freigekommen. Jetzt ist er in Neumünster in U-Haft.