Kriminalstatistik 2022: So viele Straftaten wie vor Corona
Niedrige Einbruchszahlen, aber deutlich mehr Taschendiebstähle und viel mehr geklaute Fahrräder in Hamburg. Das sind einige Ergebnisse der Kriminalstatistik 2022, die Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer am Mittwoch vorgestellt haben.
Nach zwei Jahren Pandemie war 2022 fast schon wieder ein normales Jahr: Die Zahl der Straftaten insgesamt lag laut der Hamburger Kriminalstatistik mit 211.239 ähnlich hoch wie im Vor-Corona Jahr 2019. Im Vergleich zu 2021 stieg die Zahl um 13 Prozent, im Vergleich zu 2019 um 0,2 Prozent. Die Zahl der Straftaten im Verhältnis zur Einwohnerzahl sei - mit Ausnahme der beiden Corona-Jahre - historisch niedrig. "Das Risiko, von Straftaten betroffen zu sein, ist so gering wie zuletzt 1979", sagte Grote am Mittwoch. Die Aufklärungsquote lag mit 46,2 Prozent demnach leicht unter dem Wert von 2019 - ein Minus von 0,5 Prozent.
Verhältnismäßig wenige Wohnungseinbrüche
Was selbst die Polizei überrascht: Es gab lediglich etwa 2.500 Wohnungseinbrüche in Hamburg, bei denen es laut Meyer in 51 Prozent der Fälle beim Versuch blieb. Im Vergleich zu 2019 ging die Zahl um 42 Prozent zurück, im Vergleich zum Vorjahr stieg sie um 13,7 Prozent. Mit Ausnahme des Corona-Jahres 2021 sei es die niedrigste Zahl seit Beginn der Auswertung im Jahr 1971. Im vergangenen Oktober hatte die Polizei berichtet, die Zahl der Wohnungseinbrüche in Hamburg habe in den ersten acht Monaten 2022 um rund 30 Prozent im Vergleich zur Vorjahreszeit zugenommen.
Historischer Tiefstand bei Tötungsdelikten
Einen historischen Tiefstand gab es bei den Tötungsdelikten - mit elf Fällen waren es so wenige wie zuletzt Anfang der 1970er-Jahre. Und alle diese Taten konnten aufgeklärt werden. Einen Anstieg verbuchte die Polizei allerdings bei der Gewaltkriminalität - wozu neben Mord und Totschlag auch gefährliche Körperverletzungen zählen. Im Vergleich zu 2021 betrug die Zunahme bei der Gewaltkriminalität 11,5 Prozent, im Vergleich zu 2019 gut 5,5 Prozent. Die Zahl der Gewaltdelikte wuchs von 7.186 im Jahr 2019 beziehungsweise 6.799 in 2021 auf 7.583 im vergangenen Jahr.
Mehr Fälle von Messerdelikten
In 72 Fällen wurde der Statistik zufolge mit einer Schusswaffe gedroht oder geschossen. Das seien 19 Fälle weniger als 2019 und 7 weniger als 2021. Die Zahl der Messerdelikte hingegen stieg um 3,6 Prozent auf 1.127. In 815 Fällen wurde mit einem Messer gedroht, in 312 wurde eins eingesetzt, wie ein Polizeisprecher sagte. Im Vorjahr waren 1.088 Messertaten erfasst worden, 2020 waren es 1.111 und 2019 waren es 1.191. Körperverletzungen nahmen im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent zu. In diesem Bereich wurden 21.059 Taten verübt. 2021 waren es 18.645 gewesen, 2019 noch 20.584 Fälle.
Gewalt gegen Einsatzkräfte der Polizei nimmt zu
Besonders hob der LKA-Chef Jan Hieber den Anstieg einfacher Körperverletzungen auf Schulgeländen um 37 Prozent im Vergleich zu 2019 und um 112 Prozent gegenüber 2021 hervor. Hieber vermutete, dass viele Schüler in der Lockdown-Zeit verlernt hätten, Konflikte zu bewältigen. Und auch die Gewalt gegen die Polizei hat zugenommen, im Vergleich zu 2019 seien 2022 34 Prozent mehr Polizistinnen und Polizisten im Dienst Opfer von Straftaten geworden. Im Vergleich zu 2021 betrug der Anstieg 12 Prozent. Bei Rettungskräften und Feuerwehrleuten sei ein Rückgang um 24 Prozent gegenüber 2019 und 12 Prozent im Vergleich zu 2021 festgestellt worden.
Noch mehr Fahrraddiebstähle und mehr Betrugsfälle
Fahrraddiebstähle haben in Hamburg erneut zugenommen, in diesem Bereich gab es fast 15.000 Fälle - und dass, obwohl viele Diebstähle gar nicht angezeigt werden. Laut Polizei werden die Räder wie E-Bikes auch immer teurer und deshalb besonders gern geklaut. Zugenommen haben auch Betrugsfälle von falschen Polizisten und Schockanrufe per Telefon. Und aufgrund der hohen Spritpreise gab es beim Tank-Betrug an den Zapfsäulen ein Plus von fast 70 Prozent.
Bund Deutscher Kriminalbeamter: Statistik nicht aussagekräftig
Kritik an der Kriminalstatistik kam vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Der erklärte sie für wenig aussagekräftig. Es würden nur Taten erfasst, die so weit ermittelt wurden, dass sie an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden konnten, sagte der Landesvorsitzende Jan Reinecke. Mehr als 10.000 Fälle lägen bei Ermittlerinnen und Ermittlern "auf Halde". "Der Bund Deutscher Kriminalbeamter, Landesverband Hamburg, fordert deshalb, sich nicht von sinkenden Fallzahlen blenden zu lassen." Und der Vize-Chef der Gewerkschaft der Polizei Hamburg, Lars Osburg, betonte mit Blick auf die Gewaltkriminalität: "Ein aussagekräftiges Lagebild ist angesichts der immer wieder schockierenden Meldungen offenbar dringend notwendig."