"Hannover Voices": Staatsoper-Casting für unentdeckte Talente
Nicht "The Voice Of Germany", sondern "Hannover Voices": 13 junge Menschen haben das Casting in Hannover erfolgreich absolviert und bekommen nun professionellen Gesangsunterrricht.
Ende vergangenen Jahres hatte die Staatsoper Hannover in Kooperation mit der Diakonie für ein Integrationsprojekt junge Stimmen gesucht - die "Hannover Voices". Das Projekt möchte junge Gesangstalente zwischen 13 und 25 Jahren mit und ohne Migrationshintergrund fördern. Seit dem Abschluss des Castings trifft sich eine Gruppe von 13 jungen Heranwachsenden einmal im Monat zum Proben. Am Ende soll ein eigenes Stück auf die Bühne gebracht werden.
Improvisationsübungen im Opernhaus
Es muss schnell gehen beim vierten Probentag im Opernhaus: Auf ein Startsignal von Musiktheatervermittler Keith Bernard Stonum rennt ein Jugendlicher los, wirft sich in eine Pose. Zwei andere folgen kurz danach und müssen sich passend dazu verhalten. Nach dieser Aufwärmübung werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in drei Gruppen aufgeteilt. Die Mädchen sind hier deutlich in der Mehrheit: 12 Mädchen und ein Junge lesen sich nun selbst geschriebene Geschichten vor, die aus einer vergangenen Improvisationsübung entstanden sind.
Gemeinsam Szenen erarbeiten
Es geht darum, Gemeinsamkeiten zu entdecken. In ihrer Gruppe sollen sich die Sängerinnen und Sänger Posen zum Wort "Zeit" ausdenken, erklärt die 18-jährige Darlin. Damit diese Posen in die gemeinsame Performance einfließen können, müssen sie in eine Szene gebettet werden. Dazu werden die Gruppen auf verschiedene Räume im Opernhaus aufgeteilt und haben eine halbe Stunde Zeit, ihre Performance zu üben.
Mit Gesang eine Verbindung zu Zuhörer*innen schaffen
Nach der Probenzeit treffen sich alle im Plenum, um die Performances der anderen zu begutachten: Nach gut drei Stunden intensiver Arbeit endet der Probentag. Keith ist zufrieden. Allerdings sieht er noch viel unausgeschöpftes Potential bei seinen Schützlingen: "Sie wollen so schön singen wie möglich. Aber die Kunst ist, eine Verbindung zu schaffen zwischen mir und den Leuten, die mir zuhören. Das ist etwas, womit man sein Leben lang als Sänger kämpft."
Gesangsunterricht bei Ethno-Popsängerin Ayda Kırcı
Gesangsunterricht haben die Talente unter anderem bei Ayda Kırcı. Die in Hannover bekannte Ethno-Popsängerin coacht die jungen Talente in ihrem Gesangsstudio in der Südstadt von Hannover. Der 20-jährige Dominik Futalis ist in Polen geboren. Als er neun Monate alt war, zog seine Familie nach Deutschland. Er sollte zwei Songs in seiner Muttersprache vorbereiten: "Für meine Onkels und Tanten und alle, die in Polen leben und mich live nicht sehen können, für die mache ich das." Dominik möchte Popstar werden. "Hannover Voices" sieht er als Karrieresprungbrett.
Schwere Krankheit als Motivation
Nach Dominik erscheint die 24-jährige Nina Nienhaus. Sie nimmt regelmäßig an Musical-Castings teil und probiert sich an Edith Piafs "Hymn a l’amour". Nina ist mit ihrem Medizinstudium fast fertig. Das vergangene Jahr war für sie nicht einfach. Ihre Mutter ist gestorben und kurz darauf auch ihr Großvater. Nina erkrankte an Krebs, konnte ihn aber besiegen: "Das Erlebnis, zu wissen, wann deine Zeit abgelaufen wäre, das ist so krass. Da möchte man nicht mehr darauf warten, das Glück in die Zukunft zu schieben." Deshalb hat Nina Nienhaus sich bei "Hannover Voices" beworben.
Performance soll Interkulturalität der Gesellschaft darstellen
All die Übungen aus den Proben sollen später in die szenische Performance einfließen, sagt Gesangscoachin Ayda Kırcı: "Mein Bestreben ist, mit diesem Ensemble dieses unglaublich Schöne darzustellen, was die Interkulturalität unserer Gesellschaft hergibt. Das wird uns mit 'Hannover Voices' hoffentlich gelingen, aber eigentlich bin ich mir jetzt schon sicher." Bis zum 1. Juli ist noch etwas Zeit zum Proben. Dann wird das "Hannover Voices"-Ensemble in der Staatsoper Hannover seinen großen Auftritt haben.