Der Abgrund lauert: Debütalbum von Shootingstar Berq
Mehr per Zufall veröffentlichte der Hamburger Sänger mit der tiefen Stimme und den düster-melancholischen Texten ein paar Songs - und war plötzlich ein Star. Jetzt erscheint sein Debütalbum.
Mehr Gefühlsrausch liefert im deutschsprachigen Pop zurzeit niemand: Berq ist ein Musiker der Kontraste: laut und leise. Klavier gegen Streicher. Die Stimme mal sehr hoch, dann sehr tief. Vielleicht, weil er selbst in zwei Welten unterwegs ist, wie er sagt: "Einmal die Welt des Erwachsen-Seins, und einmal die Welt des Noch-nicht-ganz-Erwachsen-Seins."
Berq - geschrieben hinten mit Q - ist abgeleitet von Felix Dautzenberg, seinem bürgerlichen Namen. Die Phrasierungen hat er aus dem Hip-Hop, die Düsternis von Billie Eilish, dazu diese atemlosen Aufs uns Abs in seinen Songs – das hat ihn zum Star der Generation Z gemacht.
Im Keller auf Instrumenten- und Computertasten gedrückt
Wer wissen will, wo das alles herkommt, muss zumindest gedanklich einen Ausflug machen. Zu seinen Eltern nach Hamburg. "Ich saß im Keller mit nicht so schönem Licht. Und habe da stundenlang gesessen und irgendwo draufgedrückt." Auf Instrumenten- und Computertasten.
Dautzenberg will nach der Schule Musikproduzent werden. Für das Studium muss er etwas vorweisen können. Selbst auf der Bühne stehen? Damals undenkbar. "Das lag vor allem daran, weil ich eben für mich kein Sänger war. Ich habe diese EP auch nur aufgenommen, wenn niemand im Haus war, und auf einmal sollte ich vor Menschen meine Songs singen. Das war etwas, was jenseits meiner Komfortzone war", erzählt er.
Bewerbungsprojekt wird zu erfolgreichen EP
Auf einmal Musiker – und erzwungenermaßen Sänger. Denn die "Rote-Flaggen"-EP, also das ursprüngliche Uni-Bewerbungsprojekt mit einer Handvoll Songs – kommt an: Das erste Mal verliebt, das erste Mal getrennt – Berq erzählt vom Jungsein, verpackt das aber als rasante Schauergeschichte. Und das wiederum resoniert mit einer krisengebeutelten Generation. Berqs Angst vor der Bühne – auch das ist jetzt Thema auf seinem Debüt.
Berq ist 20 Jahre alt. Das Album, so sagt er, "fühlt sich ein bisschen an wie ein Tagebuch von dieser Zeit, die bei mir auch sehr turbulent war. Weil in den letzten zwei Jahren dieses ganze Musik-Ding über mich geschwappt ist."
Und wann fühlt sich das eigene Leben schon so dramatisch an wie in dieser Zeit? Man muss kein gehypter Newcomer sein, um das nachspüren zu können. Nicht mal im Alter von Berqs jungen Fans. Aber um diese Phase so erleb- und wieder-erlebbar zu machen, muss man schon ein guter Musiker sein.
Von Hamburg nach Berlin gezogen
Im Song "Vergissmeinnicht" singt Berq über die nächtlichen "Bin wieder da"-Handy-Nachrichten an seine Mutter nach dem Ausgehen. "Das war auch schön, meiner Mutter so leicht ein Gefühl zu geben: Okay, jetzt kann ich ruhig schlafen gehen. Jetzt ist alles gut". erinnert er sich. Heute schicke er diese Nachrichten nicht mehr. Berq lebt inzwischen in Berlin.
Aber auch wenn Felix Dautzenberg seine Heimatstadt verlassen hat. Gerade die kammermusikalischen Momente seiner Songs rufen doch nach einem ganz besonderen Konzertsaal für den 20-Jährigen: "Da gibt es in Hamburg natürlich einen Ort, in dem ich unbedingt irgendwann mal spielen möchte: in der Elbphilharmonie."
Aber erst mal sind Konzerte zum Stehen dran. Die Tour allerdings ist schon ausverkauft. Bleibt das Album, das jetzt bei Universal Music erschienen ist – "Berq" von Berq, in beiden Fällen hinten geschrieben mit einem Q.