Revolverheld in Hamburg: Raus aus dem Radio, zurück zum Live-Rock
Die Erfolgsband Revolverheld will mit ihrem neuen Album "R/H/1" zurück zu ihren Wurzeln - und bei ihrem Konzert in Hamburg die Fans vom neuen Sound überzeugen.
Sie bekommen Revolverheld, das wissen die Fans - viel mehr aber auch nicht. Weil das Album nicht auf den üblichen Kanälen veröffentlicht, sondern nur live gespielt wird, haben die meisten keine Ahnung, was sie in der Großen Freiheit 36 erwartet. Hier im Club nahe der Hamburger Reeperbahn hören sie die Songs am Sonnabend zum ersten Mal. Und dennoch: ausverkauft! So sieht wahre - wenn nicht sogar blinde - Fan-Liebe aus.
Revolverheld-Konzert mit Überraschungseffekt
"Krieg mit mir selbst" heißt der erste neue Song - und dass den noch niemand wirklich kennt, ist kein Hindernis. Ein ungewohnt rockiger und von E-Gitarren durchzogener Sound lässt den Funken ab der ersten Sekunde überspringen. Vielleicht ist es genau dieser Überraschungseffekt, der die Fans mitnimmt - auch ohne, dass sie alles mitgrölen können.
Als Frontsänger Johannes Strate den Refrain des nächsten Songs ins Mikrofon schreit, hält ein Hauch von Metal Einzug: "So kaputt! So kaputt! So kaputt!" Schwer zu glauben, dass hier die glatt gespülte Schmuserock-Band aus dem Radio am Werk ist. Mit ihrem neuen Album "R/H/1" soll genau das nicht passieren: keine Single-Auskopplung fürs Radio, kein Streaming, keine CD im Laden. Wer Revolverhelds neuen Klang erleben will, muss das erstmal live tun - und da funktioniert er. Nur beim Konzert gibt es den Code, mit dem das Album auch zu Hause heruntergeladen werden kann.
Jugendliche Freiheit aus sicherer Distanz
Es sei die Platte, die sie gerne als allererste gemacht hätten, sagen Revolverheld - wären sie nur nicht so früh von einem Major Label aufgegabelt worden. Jetzt holen die inzwischen Über-40-Jährigen ihre jugendliche Freiheit aus sicherer Distanz nach. In den zwölf neuen Songs verarbeitet die Band eine äußere und innere Zerrissenheit. "40 Jahre hast du geschafft, dann hat dich der Krebs gefickt", singt Strate leicht gebrochen und das Publikum applaudiert andächtig. Beim Song "Das Ende" wird es nochmal rockig - aber düster bleibt es, auch klanglich: "Unser Haus steht in Flammen und niemand löscht die Brände!"
Experiment mit Live-only-Album "R/H/1" geht auf
Bevor der Abend in Weltuntergangsstimmung schließt, wollen die Jungs "alten Shit" spielen - und auch der funktioniert noch: "Wir sind die Generation Rock", singt ein Publikum mit, das die Band teils schon seit vielen Jahren begleitet. Auch bei der Sehnsuchtshymne "Lass uns gehen" sind die Fans textsicher.
Mutig kann man dieses musikalische Experiment finden, das Revolverheld mit ihrem Live-only-Album "R/H/1" eingehen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es sich mit einer treuen und zahlkräftigen Fanbase recht komfortabel experimentieren lässt. "Vergesst nicht, euer Album mitzunehmen", ruft Frontmann Strate den Fans hinterher, bevor sie nach der anderthalbstündigen Show durchgerockt in die Nacht verschwinden. Ihr Mut, sich auf den neuen Sound von Revolverheld einzulassen, wurde belohnt.