Autorin Anne Sauer: Dem Hype um Taylor Swift auf der Spur
Die Hamburger Autorin Anne Sauer hat in ihrem Buch "Look What She Made Us Do" ihre persönliche Beziehung zu Popstar Taylor Swift unter die Lupe genommen und sich unter feministischen Aspekten mit dem eigenen Fan-Sein beschäftigt.
Am 17. Juli führt ihre "Eras"-Tour Taylor Swift nach Deutschland. Sie wird nach ihren ersten Auftritten in Gelsenkirchen endlich in den Norden kommen, bevor es danach für sie weiter nach München geht. Am 23. und 24. Juli füllt sie jeweils das Hamburger Volksparkstadion. Karten für die Konzerte gibt es schon lange nicht mehr.
Ihre deutschen Fans warten schon seit vielen Monaten sehnsüchtig auf ihr Kommen. 100.000 Swifties, so wird die Schar ihrer Anhängerschaft genannt, pilgern allein nach Hamburg. Sie treiben Hotelpreise in die Höhe und haben in anderen Ländern, wie den USA, Einfluss auf das Bruttoinlandsprodukt.
Podcasts, Dokus und unzählige Veröffentlichungen versuchen sich dem Phänomen Taylor Swift, dem riesigen Hype um den amerikanischen Popstar, zu nähern. Verbunden mit der Frage: Wie gelingt es einer einzigen Frau, diese enormen Massen zu begeistern?
Swifties: Freundschaftsarmbänder als Erkennungszeichen
Die Hamburger Autorin Anne Sauer hat in ihrem Buch - ein leicht abgewandelter Titel eines Taylor-Swift-Songs ("Look, What You Made Me Do") - ihr persönliches Fan-Sein unter die Lupe genommen. Sie ist seit dem Album "Reputation" aus dem Jahr 2017 Swiftie und spricht von ihrer "Liebe" zu der Sängerin.
Zu dem Interview-Termin trägt die Autorin Freundschaftsarmbänder, ein eindeutiges Erkennungszeichen unter Swifties. Auf ihren steht zum Beispiel: "Yes Whale", "1989" oder "Fuck the Patriarchy" - Anspielungen auf Songtexte, Interviews oder Albentitel. Erst auf den zweiten Blick fallen neben den Bändern die Tattoos auf ihren Armen auf: auch hier eine Hommage an ihr Idol.
Frau Sauer, was macht Sie zu einem Swiftie?
Anne Sauer: Es ist zum einen die Bereitschaft, Zeit zu investieren, mich in dieser Community aufzuhalten, mich mit anderen Fans auszutauschen. Aber natürlich macht mich vor allem meine Liebe zu Taylor Swift zum Swiftie, zu ihrer Musik, die mich lange begleitet, die Songtexte, die ich auswendig kann - und die Erinnerung, die ich mit anderen teile, nicht nur in Bezug auf die bevorstehende Tour, sondern auch davor: was wir gemeinsam durchlebt haben und der Austausch darüber.
Sie sprechen von Ihrer "Liebe" zu Taylor Swift. Ist es Liebe?
Sauer: Es ist eine Art freundschaftliche Liebe. Ich weiß, es klingt komisch, weil ich sie nicht persönlich kenne. Es ist vielmehr die Liebe für das, wofür sie steht, was sie mit uns macht. Ich bin fasziniert von ihrem Songwriting-Talent, wie sie mit zutiefst persönlichen Texten trotzdem immer noch genug Raum für individuelle Interpretation lässt. Ich bin beeindruckt von ihrem Durchhaltevermögen und ihrem Willen, einfach immer weiterzumachen.
Neben Liebe und Faszination fühle ich aber auch noch Stolz, wenn ich an ihre Karriere, die Musik und meine Zeit mit ihr denke. Für mich bedeutet sie: Nostalgie und Vorfreude, Melancholie und ungefilterte Begeisterung für die großen und kleinen Funken.
Welches Lied würden Sie Taylor-Swift-Neulingen empfehlen, um einzusteigen?
Sauer: Ich würde ihnen das Album "Midnights" empfehlen. Es zeigt gut die erwachsene Taylor Swift, aber trotzdem mit Pop- und Synthie-Einschlägen - und mit grandiosen Lyrics. Wer dann noch Lust hat, kann "Folklore" hören. Das Album ist stilistisch nochmal ganz anders. Wenn es aber nur ein einziges Lied sein soll, dann vielleicht etwas von ihrem neuen Album "The Tortured Poets Department", nämlich "But Daddy I Love Him".
Darin passiert etwas, das bezeichnend ist für Taylor Swift: Sie schreibt Lyrics, die viele als Liebeslieder verstehen. In eben jenem Lied kritisiert sie aber vor allem die christliche Kirche und das dortige traditionelle Bild der Frau. Das wird aber erst deutlich, wenn du dich mit ihr beschäftigst. Der Song ist cool, macht Bock - aber hat auch eine andere Ebene.
An wen richtet sich Ihr Buch?
Sauer: An Fans und auch an diejenigen, die sich für das Phänomen begeistern und es interessant finden, warum Taylor Swift gerade so präsent ist. Aber vor allem geht es im Buch darum, dass es in Ordnung ist, Gefühle zu zeigen, dass wir uns nicht schämen müssen, Swiftie zu sein. Weil wir als Frauen immer noch anders bewertet werden als Männer, ob als Fans oder auch auf vielen anderen Ebenen. Das sind Aspekte, die mir wichtig sind und die nicht nur etwas mit Taylor Swift zu tun haben. Ich nutze sie eigentlich als Trojanisches Pferd, um feministische Inhalte zu vermitteln. Deswegen sind es nicht nur Fans, an die ich das Buch adressiere.
Eine Frage, die gerade oft gestellt wird: Was macht den Hype aus?
Sauer: Die Frage muss ich auf zwei Ebenen beantworten. Ich bin schon sehr lange Fan und Teil der Swiftie-Community. Für mich ist Taylor Swift eine wichtige Künstlerin, unabhängig vom Hype. Auf der anderen Seite gibt es die aktuelle Euphorie: Es gibt Merchandise, es gibt "Friendship Bracelets", die alle knüpfen und Bilder davon posten - das ist nichts gewachsenes, sondern war in den letzten Monaten plötzlich da. Woher kommt das? Ich glaube, es ist der Wunsch, an etwas teilzunehmen, von dem viele begeistert sind. Du teilst deine Ideen für dein Konzert-Outfit, teilst deine Lieblingssongs, deine Lieblingsclips - das ist ein Zugehörigkeitsbedürfnis.
Das erklärt vielleicht ein bisschen die Hype-Welle. Wenn du darauf mitschwimmst, gehörst du zu einer Gruppe. Der Hype wird sich aber wandeln, in eine Form der Liebe, die du nur empfindest, wenn du an dieses eine Konzert denkst, an dieses eine Lied - das wird bleiben, auch nach dem Hype.