M'era Luna Blog 2023: "Treffen der großen Familie"
Das M’era Luna auf dem Flugplatz in Hildesheim-Drispenstedt ist gestartet. Eine Reportage von den Vorbereitungen aufs Festival mit Acts wie VV, In Extremo, Mono Inc., Subway to Sally und Joachim Witt.
Das laut Veranstalter größte Festival der sogenannten Schwarzen Szene in Europa ist ein Mekka für Metal-, Goth-, Mittelalter- und Dark-Wave Fans. Fast 25.000 Zuschauer sind es bisher - und es gibt nur noch wenige Resttickets. Bei strahlendem Sonnenschein hat sich NDR Reporterin Svenja Estner unter das dunkle Festivalvolk gemischt.
M'era Luna: Unkonventionelle Planschbecken und viel schwarze Kleidung
Schon von weitem hört man die Musik und spätestens beim Betreten des Flughafenplatzes ist klar, dass es sich um das M'era Luna Festival handelt: Schwarze Kleidung dominiert bei den meisten Besucherinnen und Besuchern. Die einen bauen noch ihre Zelte auf, andere haben es sich schon bequem gemacht: Sven, der seinen Nachnamen nicht nennen will, sitzt in einem etwas unkonventionellen Planschbecken: "Wir sitzen hier in einem alten sowjetischen Schlauchboot drin, das haben wir einfach mal mitgenommen, damit wir für jedes Wetter gerüstet sind."
Er war schon häufig auf dem M'era Luna. Mit ihm im Boot sitzt seine Freundin Denise. Sie war 2017 das letzte Mal auf diesem Festival und schätzt vor allem die Gemeinschaft: "Ich kenne kein Festival, was so wie das M'era Luna ist, mit so vielen Leuten, die sich so hübsch präsentieren und da Bock drauf haben. Hier wird man auch so akzeptiert wie man ist, kann man machen was man möchte."
"So eine geile Community hier"
Aber es gibt auch noch unerfahrene Festivalbesucher. Chris Seidelmann aus Passau ist großer Within-Temptation-Fan. Er erlebt dieses Jahr sein erstes M’era Luna und damit sein erstes Festival überhaupt: "Ich bin so überwältigt, das ist so eine geile Community hier."
Christa Büttner und ihr Mann Manfred sind mittlerweile eine Institution auf dem Flugplatzgelände: In einem eigenen Ankleidezelt verwandeln sie sich mit selbst geschneiderten Outfits in mystische Gestalten. Sie in eine Art böser Engel und er in einen vornehmen Gentleman mit ausgefallen dekoriertem Hut: "Das geht bei der Waagschale los, das ist die Geburt. Dann geht's rum, man heiratet, man kriegt Kinder, da sind dann auch so Fotos drauf und irgendwann kommt der Tod. Wenn man sich bis dahin wirklich ehrlich geliebt hat, dann bleibt die Liebe bis nach dem Tod", erklärt Büttner.
Dieser Kopfschmuck aus Holz und Plexiglas bringt fast acht Kilo auf die Waage. Lisa Marie Luna, wie sich die Frau im engen, trägerlosen roten Karokleid mit Lackkorsage und Plateaustiefeln nennt, bekennt sich mit ihrem Zweitkostüm zu ihrer "Dunklen Seite". Der Charakter stammt aus dem Horrorfilm "Es" nach der Buchvorlage von Stephen King: "Da gibt's einen Pennywise, das ist ein Clown mit einem roten Ballon." Da sie das meiste selbst genäht habe, bräuchte sie fürs Anziehen und Schminken ungefähr eine Stunde.
Stephan Thanscheidt - "Herr" über die Festivalstadt
Herr über die kleine Stadt, die innerhalb von zwei Wochen auf dem Festivalgelände gewachsen ist, ist Stephan Thanscheidt. Er ist ein alter Hase in der Festivalbranche, hat auch das Hurricane-Festival unter seinen Fittichen. Das M'era Luna ist für ihn etwas Besonderes: "Es ist eine große Familie, die hier jedes Jahr sehr treu zusammenkommt. Das ist etwas, was wir bei anderen Festivals, die wir auch machen, so in dieser Form nicht hat."
Damit das Musikprogramm so harmonisch ineinander greift, plant er mit seinem Team direkt nach dem Festival das kommende Jahr. Das ist in der momentanen Situation mit den überall hohen Preisen und den somit gestiegenen Künstlergagen nicht so einfach: "Am Ende ist es halt unser Geschick, eine gute Mischung hinzubekommen - aus den Ticketpreisen, die die Menschen bezahlen können und dem entgegenzutreten, was an Produktionskosten und ähnlichen Geschichten auf uns zukommt. Das ist eine ziemliche Gratwanderung, war noch nie so knapp und so schwierig, wie jetzt. Aber trotzdem haben wir es hinbekommen."
Ganz nebenbei spiele sogar das Wetter mit, so Thanscheidt: kein Dauerregen, wie beim Wacken-Festival. Na, dann steht einem gelungenen M'era Luna nichts mehr im Wege.
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