Markus Stenz dirigiert das Orchestra del Teatro La Fenice © Teatro la Fenice
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Markus Stenz dirigiert das Orchestra del Teatro La Fenice © Teatro la Fenice
AUDIO: Mit italienischer Leichtigkeit: SHMF-Aufwärmkonzert in der Elphi (4 Min)

SHMF in der Elbphilharmonie: Bruckner mit venezianischem Temperament

Stand: 04.07.2024 12:22 Uhr

Zwar beginnt das Schleswig-Holstein Musik Festival erst am Sonnabend in Lübeck. Das Orchestra del Teatro La Fenice dirigiert von Markus Stenz und dem Solisten Vikram Francesco Sedona begeisterten aber schon am Mittwoch mit italienischen Interpretationen in Hamburg.

von Mischa Kreiskott

Natürlich gehört das Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) in das nördlichste Bundesland, dabei hat sich die Elbphilharmonie mittlerweile als fester Standort etabliert. So scheuen auch die Schleswig-Holsteiner einen Besuch in dem Konzertsaal an der Elbe nicht. Das sieht man allein an den Bussen vor der Elbphilharmonie. Und man hört es auch am Schnack in den Foyers bei dem "Aufwärmkonzert" am Mittwoch.

Venedig ist der rote Faden des diesjährigen Festivals

Ein Wahl-Schleswig-Holsteiner ist auch der erste, der die Bühne betritt: Christian Kuhnt, SHMF-Intendant und Publikumsliebling begrüßt das Orchester in flüssigstem Italienisch. Wo hat er das gelernt? Im Eiscafé Venezia. Nach eigenem Bekunden. Klar. Venedig ist der rote Faden der Festivalausgabe 2024. Und Venezianer ist auch der Solist im Violinkonzert von Felix Mendelssohn Bartholdy: Vikram Francesco Sedona - geboren im Jahr 2000.

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Eine Fahne mit dem Logo des Schleswig-Holstein Musikfestivals weht im Wind. © dpa Foto:  Markus Scholz

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Er betritt die Elbphilharmonie-Bühne in einem sportlich geschnittenen Anzug. Sportlich sind auch die Tempi in dieser Mendelssohn-Interpretation. Hier spielt ein echter Virtuose. Manchmal entstehen ganz neue Klangfarben, wenn aus Tonleitern scheinbar Flächen werden.

Das Orchester ist immer mit allen Sinnen bei Vikram Francesco Sedona

Sein Ton im Kontrast dazu ist nicht die ganz große Projektion, eher zart, eher delikat - wie geschaffen für einen Saal wie die Elbphilharmonie und wie gemacht, um begleitet zu werden, von einem italienischen Opernorchester wie dem des Orchestra del Teatro La Fenice.

Der Dirigent Markus Stenz © Max Heiliger
Markus Stenz gab 1988 sein Operndebüt in Venedig

Keine 50 Musiker auf der Bühne, der Klang ist kompakt, fein und immer mit allen Sinnen beim Solisten: ein echtes Begleitorchester. Markus Stenz, der allein in Köln elf Jahre an der Oper dirigierte, hatte sein Operndebüt 1988 in Venedig. Er leitet diesen Mendelssohn vorsichtig und weggeduckt, als seien wir hier im Orchestergraben. Manchmal unterstellt man italienischen Opernorchestern, sie würden jegliches symphonische Repertoire zu Verdi machen, hier sind wir eher bei Rossini.

Die Besucher sind begeistert: "Ein sehr guter Geiger, sehr musikalisch, sehr zart, schön gespielt", resümiert ein Besucher. Eine Frau schwärmt: "Er spielt mit viel Leidenschaft und ist ganz dabei. Ich wundere mich immer wieder, was aus so einem kleine Instrument herauszuholen ist." Ungewohnt für das norddeutsche Publikum: Vikram Francesco Sedona schießt sehr schnell mit den Zugaben.

Ein Anton Bruckner voller Leidenschaft

Nach der Pause spielt ein deutlich vergrößertes Orchester aber immer noch klein für eine siebte Sinfonie von Anton Bruckner. Wird das nun ein fragiler Zugang zur österreichischen Ur-Romantik? Nein, die Musiker wirken wie ausgewechselt, der Sänger ist weg. Jetzt darf man auch performativ "aus dem Graben steigen".

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Markus Stenz, der sich beim Violinkonzert noch wegduckte, entfesselt die Kraft, die in diesem Klangkörper steckt. Besonders die Blechbläser lassen die weiße Haut des Saals vibrieren. Die berühmte C-Dur-Orgie am Ende des 2. Satzes genau in der Mitte der Sinfonie: beeindruckend!

Die Venezianer überzeugen auch Bruckner-Skeptiker

Anton Bruckner, wie von einem Mini-Filmorchester gespielt, eine interessante Perspektive! Vielleicht fehlt das Zögern und Zaudern, das für Anton Bruckner so typisch ist, das dunkel Dräuende, und Verdruckste, die große Architektur? Hier erlebt man einen Anton Bruckner, der sich seiner Sache sehr sicher ist und aus dem Stand drei Zugaben gäbe. Als wäre Antonio in Treviso statt in Ansfelden aufgewachsen. Manche Bruckner-Skeptiker holen die Venezianer damit aber auf ihre Seite.

"Ich habe eigentlich immer bei Bruckner gelitten, aber ich habe heute gedacht, wenn man ihn so spielt, dann komm ich wieder", sagt ein Besucher, ein anderer sagt: "Man hört die Natur in Bildern beim Musizieren und das fand ich sehr super." Der Venedig Sommer im echten Norden: Er kann kommen!

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Nachmittag | 04.07.2024 | 16:20 Uhr

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