Musiklehrer-Mangel: Neuer Studiengang in Lübeck macht Hoffnung
An der Lübecker Musikhochschule ist ein neues Studienprogramm vorgestellt worden. "MusikPlus" heißt es und soll Musik-Studierenden aus allen Fachbereichen ermöglichen, in zwei Jahren den Master im Grundschullehramt Musik zu machen.
Der Lehrermangel an deutschen Schulen ist ein allgemein bekanntes Thema. Besonders groß ist der Mangel an Fachkräften für den Musikunterricht - und das ganz besonders an Grundschulen. Ein neuer Studiengang in Lübeck soll das ändern. Severine Naeve war bei der Vorstellung des Programms dabei.
Was ist an dem Studiengang so besonders?
Severine Neave: Zunächst mal sollte man erklären, dass es diesen Studiengang vorher gar nicht so gab. Man musste von Anfang an Lehramt studieren, um dann auch u.a. Musiklehrerin oder -lehrer zu werden. Nun kann man auch aus anderen Musikstudienfächern quer einsteigen. Die Qualität des Musikunterrichtes zu verbessern und genügend Fachkräfte auszubilden, ist dem Präsidenten der MHL, also der Musikhochschule Lübeck, ein sehr wichtiges Anliegen. Er sagte dazu: "Für die Bedeutung von Musik im Leben von Menschen ist die Grundschulzeit absolut prägend. Hier kann der Zugang zu musikalischer Bildung für alle Kinder eröffnet werden und hier können Chancen genutzt werden, Benachteiligung ausgeglichen, Talente entdeckt und auch die Freude an der Musik ermittelt werden. Genau deswegen ist es so wichtig, dass Musikunterricht in der Grundschule zum einen regelmäßig stattfindet und qualifiziert gegeben wird."
Wer kann diesen Master machen? An wen richtet sich diese Quereinstiegsmöglichkeit?
Neave: Der sogenannte Umstiegs-Master ist so aufgebaut, dass schon voll qualifizierte Musikerinnen und Musiker einsteigen. Die haben also bereits einen Bachelor in einem Musikfach, sind damit auch künstlerisch gut aufgestellt. Und sie können sich dann im pädagogischen, musikpädagogischen und didaktischen Bereich aus- und weiterbilden lassen. Und, das finde ich besonders interessant, sollen auch zeitgleich ein Zertifikat für Mathematik und Deutsch erwerben, sodass sie dann auch diese Fächer unterrichten können. Mit dieser neuen Quereinstiegsmöglichkeit soll ja eine Verbesserung der Unterrichtsqualität im Fach Musik geschaffen werden. Die Zusatzqualifikation für Mathe und Deutsch sollen die Studierenden auch in Lübeck erwerben können, beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Informatikabteilung der medizinischen Fakultät. Aber es stellt sich natürlich die Frage, ob damit nicht die Qualität in diesen beiden Fächern leidet.
Ein großer Pluspunkt des Programms ist, dass es nun relativ schnell gehen wird, schon 2026 können die ersten ausgebildeten Grunschullehrerinnen und -lehrer ihre Arbeit aufnehmen. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien glaubt, dass dieser Ansatz durchaus Vorbild für ähnliche Projekte auch in anderen Fächern sein könnte: "Ich bin schon auch so optimistisch zu sagen, dass dieser Quereinstiegsmaster durchaus auch eine Blaupause für weitere Zielgruppen in weiteren Mangelfächern, wie zum Beispiel in der Mathematik sein wird und auch helfen wird, an den anderen Hochschulen die Studienstrukturen zusätzlich weiterzuentwickeln."
Für die Grundschülerinnen, die von den so ausgebildeten neuen Lehrkräften dann in Musik unterrichtet werden, ist das Projekt sicherlich ein Gewinn. Nicht zuletzt, weil es eben auch Musikerinnen und Musiker sind, die auch sehr kreative Praxiserfahrung haben. Im Moment wird Musik an vielen Schulen oft nur so nebenher unterrichtet oder fällt regelmäßig aus. In zwei Jahren werden wir sehen, wie gut dieser Ansatz funktioniert und vielleicht behält Karin Prien recht und auch andere Fachrichtungen folgern diesem Beispiel aus Lübeck.
Das Gespräch führte Mischa Kreiskott.