Ein fröhlich in die Kamera schauender Mann - der Komponist HK Gruber © picture alliance / HERBERT PFARRHOFER / APA / picturedesk.com | HERBERT PFARRHOFER
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AUDIO: Komponist und Dirigent HK Gruber wird 80: Ein Porträt (4 Min)

HK Gruber ist 80: "Runder Geburtstag ist ein Fulltime-Job"

Stand: 03.01.2023 15:36 Uhr

Der österreichische Komponist und Dirigent HK Gruber ist heute 80 Jahre alt geworden. Er galt lange Zeit als "Enfant terrible" der neuen Musikszene. "Terrible" vor allem deshalb, weil er unberechenbar und auf keinen Stil so richtig festzulegen ist.

von Chantal Nastasi

Über seine Arbeit sagt HK Gruber: "Inspiration ist eine Sache von sich hinsetzen und Nachdenken. Und mit dem Alter werde ich mir gegenüber kritischer und nehme mir die ersten Ideen nicht sofort ab. Dann sitzt man oft stundenlang und überlegt Cis oder C. Und nach vier Stunden ist es dann ein Dis."

Tagsüber proben, abends und nachts komponieren  

Hinsetzen und Machen. Jahrzehntelang waren die Abendstunden die einzige Zeit, in der HK Gruber - mit vollem Namen Heinz Karl Gruber - komponieren konnte. Tagsüber hatte er Proben, spielte als Kontrabassist im Orchester und setzte sich anschließend an "seine" Musik. "Dann bin ich nach Hause und habe die Ohren ausgeschüttelt", erzählt der Komponist. "Ich habe dann versucht, die Musik, die ich untertags gespielt habe, zu vergessen, um zu meiner zu finden. Dieser Prozess hat dann bis vier Uhr in der Früh gedauert. Ich habe mir dadurch gefühlt ein Schlafdefizit von ungefähr 25 Jahren eingehandelt."

Doch all das hatte auch Vorteile. Gruber konnte seine frisch notierten Passagen direkt von Orchesterkolleginnen und -kollegen ausprobieren lassen, sie um Rat fragen und als Musiker die Wirkung unterschiedlichster Werke und Macharten kennenlernen. Und er war als Komponist frei und unabhängig, da er sein finanzielles Auskommen als Kontrabassist hatte. 

“Mit da Pratzen musst Bassgeiger wern”

Am Klavier machte HK Gruber die ersten musikalischen Erfahrungen, sang viele Jahre bei den Wiener Sängerknaben - ein Wunsch der Eltern - bis er den Kontrabass entdeckte dank seines Gesanglehrers Ferdinand Großmann. "Der hat meine Hände angeschaut und auf Wienerisch gesagt: 'Mit da Pratzen musst Bassgeiger wern'."

Die Arbeit mit namhaften Dirigenten als Orchestermusiker hat auch seinen heutigen Zugang beim Dirigieren geschult. Ihm wurde immer klarer, dass er Musik komponieren will, die ohne Einführungsvortrag zu verstehen ist. Keine Atonalität um der Atonalität willen. Stattdessen oftmals Melodie, Harmonie und Rhythmus, erst recht, als Gruber 1968 das MOB Art Ensemble gründet, zusammen mit seinen musizierenden Komponistenkollegen Kurt Schwertsik und Otto Zykan.

HK Gruber: Beeinflusst durch Kurt Weill und Hanns Eisler 

Strawinsky, der frühe Schönberg, Berg und vor allem Kurt Weill und Hanns Eisler haben seinen Stil beeinflusst. Musik, die er auch als Dirigent häufig aufführt." "Ich habe so viele Götter, dass ich keinen abkanzeln möchte, dass er weniger wert sei", so Gruber. "Aber einer war mir schon sehr wichtig: Das war der Kurt Weill. Weil er sich auch behauptet hat gegen gewisse Strömungen, die von der Wiener Schule ausgegangen sind. Und er konnte sich dagegen sehr gut behaupten. Und auch der Hanns Eisler selbstverständlich."

Der internationale Durchbruch als Komponist kam für HK Gruber Ende der 70er-Jahre mit seinem Stück "Frankenstein". Scheinbar harmlose Kinderreime von H.C. Artmann hat er darin vertont: Texte mit viel Hintersinn und Doppeldeutigkeit, die Gruber musikalisch bunt umsetzt und in denen er selbst als Chansonnier mitwirkt.

Größter Wunsch zum 80. Geburtstag: "A bissl komponieren" 

Seit der Uraufführung unter der Leitung von Sir Simon Rattle ist das Stück unzählige Male aufgeführt worden, in der Anfangszeit besonders häufig von Leonard Bernstein. Auch Grubers Violinkonzerte und die Trompetenkonzerte, die er für Hakan Hardenberger komponierte, werden regelmäßig aufgeführt. Und für Martin Grubinger, Yo Yo Ma und zuletzt für Emanuel Ax hat Gruber Solokonzerte geschrieben.

Schon als Sechsjähriger war HK Gruber klar, dass er Komponist werden möchte. Und so ist auch sein größter Wunsch an seinem 80. Geburtstag: "Dass ich wieder a bissl zum Komponieren komme. Ich habe gewusst, es wird kompliziert. Aber so ein runder Geburtstag ist ein Fulltime Job. Ich habe jetzt schon seit 14 Tagen nichts mehr komponiert."

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Die Sendung informiert über aktuelle Trends und Renaissancen in der zeitgenössischen Musik, präsentiert Komponistenporträts, bietet Festivalberichte, CD-Tipps und mehr. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 03.01.2023 | 07:40 Uhr

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