Klassik & HipHop-Beats: Levi Schechtmann überrascht mit seiner Musik
Die elektronische Begleitung seiner Stücke entwirft er selbst. Sein Ziel ist es, jüngeren Menschen die Klassik und älteren Zuhörern den Hip-Hop näherzubringen. Was er aus Musik von Bach und Chopin macht, erklärt Levi Schechtmann im Interview.
Die Idee kam ihm auf dem Weg zur Hamburger Musikhochschule, wo er unter anderem bei Anna Vinnitskaya Klavier als Hauptfach studiert: Warum nicht bekannte klassische Klavierstücke mit HipHop- und elektronischen Beats unterlegen? Levi Schechtmann setzte sich an die Tasten und drehte ein Video, das er auf verschieden Internet-Plattformen hochlud. Die elektronische Begleitung seiner Stücke entwirft er selbst. Sein Ziel ist es dabei, jüngeren Menschen die Klassik und älteren Zuhörern den Hip-Hop näherzubringen. Mit Erfolg: Seine Neuinterpretationen von Bach, Liszt und Chopin begeistern weltweit ein Millionenpublikum! Bei NDR Kultur EXTRA stellt der 25-Jährige sein aktuelles Programm vor.
Du gibst dich in deinen Stücken nicht nur mit einer Melodie zufrieden, da ist immer viel los. Was passiert musikalisch bei dir?
Levi Schechtmann: Wir nehmen als Beispiel ein bekanntes Stück von Bach, im Original ist es in h-Moll. Dazu spiele ich den Can Can. Meine Aufgabe ist es, Melodien zu finden, die zueinander passen und die man in gewisser Weise aufeinander stapeln kann. In diesem Fall kann man das natürlich nicht, denn Bach ist in Moll und der Can Can in Dur. Deswegen musste ich aus dem Can Can eine Mollversion machen. Diese habe ich in der linken Hand gespielt, während ich das Bach-Stück in der rechten Hand in f-Moll spiele.
Klassik trifft Hip-Hop: Man merkt, du hast beide Genres verinnerlicht. Eine Grenze oder Unterscheidung gibt es für dich gar nicht mehr. Wie fing das an?
Schechtmann: Ich habe in meiner ganzen Kindheit bis ich 16 oder 17 Jahre alt war nur klassische Musik gespielt. Ich hatte eine sehr gute Lehrerin, die mir das alles beigebracht hat, vor allem die klassischen Stücke. Mit 16 oder 17 Jahren kam ich mit Kopfhörern in den Übungsraum und es lief ein HipHop-Track. Ich hatte gute Laune, setzte mich ans Klavier und habe zu dem gespielt, was ich über die Kopfhörer hörte. So habe ich zum Beispiel mal eine Chopin-Etüde auf einen Eminem-Track gespielt. Das hörte sich schrecklich an, muss ich ehrlicherweise zugeben. Aber da entstand die Idee. Es hat in dem Moment noch nicht Klick gemacht, aber ich wollte es im Netz teilen. Ich habe das Stück aufgenommen und auf Instagram gestellt. Ich wusste, es wird auf jeden Fall polarisieren und nicht allen gefallen. Das war mir in dem Moment egal. Ich habe es einfach gepostet. Es kam größtenteils gut an. Natürlich gab es viele Leute, die auch etwas dagegen gesagt haben, weil der Beat nicht so gut war. Ich habe irgendeinen YouTube-Beat genommen und die Qualität war dementsprechend nicht sehr gut. Das war der Anfang, so hat sich das weiterentwickelt.
War diese Berührung von Klassik und Hip-Hop der Moment, bei dem du realisiert hast, dass du dich gar nicht für einen Musikstil entscheiden musst?
Schechtmann: Das war ein langer Weg. Es gab eine Zeit, da habe ich mich auf der Bühne nicht wohlgefühlt. Ich habe viele Wettbewerbe gespielt und mein Ziel war die Perfektion. Es gab sehr viele Momente, wo ich auf der Bühne war, klassische Musik gespielt hatte und mir dachte: Warum mache ich das eigentlich auf der Bühne? Diese beiden Genres in einem Song habe ich erst mal nur online gemacht. Ich habe Videos aufgenommen, sie produziert, hochgeladen und nie auf der Bühne präsentiert. Das war nur ein Online-Ding. Diese Fusion und diese Kreation hat mich rausgeholt und hat mir tatsächlich beigebracht, klassische Musik frei zu spielen. Deswegen glaube ich, ich muss mich nicht entscheidenden. Denn dieser Mix bin ich.
Das Schöne an deiner Musik ist auch, dass du die jungen Leute erreichst, die vielleicht durch die Beats Lust haben, sich mit klassischer Musik zu befassen. Aber du erreichst auch das klassische Publikum. Hast du das Gefühl, du bekommst bei denen viel mehr Offenheit, als wir denken?
Schechtmann: Das ist auf jeden Fall mein Ziel und meine Mission. Es ist nicht immer leicht. Weil es schon damit anfängt, dass junge Menschen nicht wissen, was sie anziehen, wenn sie ins klassische Konzert kommen. Sie möchten nicht blöd angeschaut werden. Da gibt es leider Leute, die es nicht schätzen, dass junge Menschen ins klassische Konzert kommen und sich der klassischen Musik öffnen. Sie schauen die dann blöd an, wenn sie zum Beispiel mit kurzer Hose ins Konzert kommen.
Das heißt, du möchtest Berührungsängste auf allen Seiten abbauen?
Schechtmann: Auf jeden Fall. Ich will, dass sich alle öffnen und dass klassisches Konzert so wird wie Kino.
Das Gespräch führte Anna Novák.