Hamburger Musikhochschule hilft ukrainischen Studierenden
Seit zwei Jahren tobt in der Ukraine der Krieg gegen die russischen Invasoren. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind geflüchtet und haben im Norden eine neue Heimat gefunden. So auch junge Künstlerinnen und Künstler, die die Hamburger Musikhochschule aufgenommen hat.
Es ist nicht besonders viel los freitagvormittags im Foyer der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Aber in einem kleinen Saal im Untergeschoss der Hochschule proben heute Kateryna Boskina und Anastasiia Pelts aus der Ukraine.
Anastasiia bekommt als Gasthörerin Unterricht und übt jeden Tag für die Aufnahmeprüfung, damit sie ein Querflötenstudium in Hamburg beginnen kann. Ihre musikalische Ausbildung der damals erst 21-Jährigen wurde durch den russischen Überfall vor zwei Jahren jäh unterbrochen. "Meine Mama hat gesagt, du musst was machen mit deinem Studium. Dein Leben muss laufen und dann habe ich geguckt, ob ich vielleicht im Ausland was machen kann. Hamburg war die einzige Stadt, die mir zurückgeschrieben hat", erzählt die junge Musikerin.
Nothilfefonds unterstützt Musikerinnen und Musiker
Also packte Anastasiia ihre Flöte und sonst nur das Allernötigste und machte sich auf den Weg. Dazu gehört auch ihr pinkes Tablet, auf dessen Hülle viele Sticker in den ukrainischen Nationalfarben kleben. Anastasiia hat darauf ihre Noten aus der Heimat mit nach Deutschland gebracht.
Blaue und gelbe Bändchen hängen auch am Geigenkoffer von Kateryna Boskina. Sie gehörte zu den ukrainischen Studentinnen, die im März 2022 gemeinsam mit der Hochschule mit riesigem Aufwand Nothilfe für die fliehenden Musikerinnen und Musiker organisierten. Durch Benefizkonzerte, Spenden und Stiftungsgelder gab es schnell einen Nothilfefonds mit rund 50.000 Euro. Nach Wohnraum wurde über öffentliche und mediale Aufrufe gesucht.
Kateryna erklärt, dass es aber auch beruflich Perspektiven gab: "Unsere Hochschule hat entschieden, alle ukrainischen Studenten aufzunehmen und die Professoren waren bereit, extra Studenten aufzunehmen, obwohl alle Klassen voll waren."
Musikhochschule nahm 25 bis 30 Studierende auf
Die Hilfe der Hochschule hatte mehrere Ebenen, erklärt Maria Pallasch, Referentin des Hochschulpräsidenten. Über ihren Schreibtisch ging besonders viel Organisationsarbeit. "Wir hatten einmal die Studierenden hier an der Hochschule, die die finanzielle Grundlage verloren haben und gleichzeitig kamen die Anfragen von Studierenden bzw. von Musikerinnen und Musikern aus der Ukraine: 'Wir wollen raus! Wir sind auf dem Weg, können wir zu Euch?‘ Das lief parallel, und wir haben dann eine Gruppe von 25 bis 30 Musiker:innen aufgenommen."
Zu stemmen war das nur gemeinsam mit Studenten und Studentinnen vor Ort wie Kateryna Boskina. Dass sie sich engagieren und einbringen würde, war für die Violinistin selbstverständlich: "Ich wusste nicht, wie ich meinem Land helfen kann. Ich fühlte mich irgendwie in dem Sinne hilflos, dass ich meiner Familie nicht helfen kann. Und dann kam dieses Angebot und ich dachte 'Ja, das kann ich machen! Und so kann ich wenigstens meinem Land helfen.'"
Hilfe und Solidarität als Grundwert
Für das, was an der Hamburger Musikhochschule innerhalb kürzester Zeit möglich wurde, sind Anastasiia und Kateryna sehr dankbar, das betonen sie immer wieder. Und der Hochschule selbst ist es sehr wichtig, dass es gelungen ist, die Hilfe für Studierende aus der Ukraine, aber auch aus Belarus und Russland, die finanziell in Not geraten sind, zu verstetigen. Aus allen drei Ländern stehen junge Menschen regelmäßig gemeinsam auf der Bühne. Hilfe und Solidarität mit allen, die sie brauchen, das gehöre zu den Grundwerten der Einrichtung, sagt Maria Pallasch: "Man differenziert hier nicht in verschiedene Nationen, sondern wir sind ja einfach Musikerinnen und Musiker, Regiestudierende, Schauspielstudierende."
Musik gibt Hoffnung
Etwas, das auch die beiden jungen Ukrainerinnen teilen, auch, wenn das durch den Krieg schwerfällt. Sie blicken nach wie vor mit Sorge in ihre Heimat. Aus Katerynas Familie kämpfen seit Monaten mehrere Verwandte an der Front in der Ostukraine. Und auch Anastasiia sagt, dass sich die Lage aktuell wieder verschärft: "Ich vermisse meine Familie, aber zum Glück geht es ihnen gut."
Was ihnen hilft und Hoffnung gibt? Die Musik: "Musik bleibt immer und lebt immer. Und Musik ist ein Weg für alle Leute, in stressigen Situationen Ruhe zu finden, weil alle Leute brauchen Licht in diesen schwierigen Zeiten." Und dann spielen Anastasiia und Kateryna gemeinsam ein ukrainisches Volkslied. Es erzählt von der Schönheit und Liebe zu ihrer Heimat, ganz egal, wie weit man von der Ukraine entfernt ist.