Oper "Sarrasine" bringt unbekannte Händel-Arien auf die Bühne
Die Premiere bei den Göttinger Händel-Festspielen in diesem Jahr kennt außer den Mitwirkenden noch niemand. Für ihre Oper haben George Petrou und Laurence Dale unbekannte Händel-Arien herausgesucht und sie mit der Geschichte der Balzac-Novelle "Sarrasine" verbunden.
Die Idee für "Sarrasine" hatten Dale und Petrou schon vor Jahren. Nun können die beiden ihre Opernschöpfung in Göttingen auf die Bühne bringen. Zur Zusammenarbeit sagt Regisseur Dale: "Manche denken, dass wir uns ständig streiten. Aber wir haben uns in unserem ganzen Leben noch nie gestritten. Wir sind gute Freunde geworden und es macht uns Spaß, gemeinsam Projekte zu besprechen und zu entwickeln."
George Petrou: "Es ist wunderschöne Musik"
Die Musik für ihr Projekt hat Petrou aufgetan. "Ich habe eine Menge in den Anhängen der Partituren entdeckt", so der Künstlerische Leiter der Händel-Festspiele. "Das war Musik, die Händel entweder aus der Originalpartitur entfernt hatte, oder eine zweite oder dritte Version eines bestimmten Stücks. Aber es ist wunderschöne Musik. Sie ist erstaunlich."
Verworfen, aussortiert, nie aufgeführt: Arien aus Opern wie "Julius Cäsar" oder "Tamerlan". Händel hatte sie zum Beispiel für einen bestimmten Sänger geschrieben, der dann aber doch nicht auftrat. Petrou durchforstete sämtliche Editionen und Manuskripte, vor allem digital, und fand viel. "Das Schwierige war, eine Geschichte zu finden, die für uns inspirierend und ansprechend ist", so Petrou. "So kam Laurence auf die Idee mit dieser wunderbaren Novelle ‘Sarrasine’ von Honoré de Balzac, dem berühmten französischen Schriftsteller."
"Sarrasine": Der Held liebt einen Kastraten
Sarrasine ist ein junger Bildhauer aus Paris. Er geht nach Italien, wird berühmt und verliebt sich in die schöne Opernsängerin Zambinella. Der Haken: Zambinella ist keine Frau, sondern ein Kastrat. Eine Geschichte, die für den Regisseur viele Fragen aufwirft: "Es geht um sexuelle Identität, um die gesellschaftliche Akzeptanz unterschiedlicher Charaktere und Lebensweisen. Und es zeigt, wie schwierig es für manche Menschen ist, zu Balzacs Zeiten wie heute, Andere so zu akzeptieren, wie sie sind."
Es ist ein Thema, das zu Händels Zeiten genauso aktuell war wie Anfang des 19. Jahrhunderts oder heute. Doch wie wird daraus eine Festspieloper? "Wir finden die richtige Stelle in unserer Geschichte und fügen die richtige Arie ein", erklärt Petrou. "In sehr wenigen Fällen ändern wir ein wenig den Text." So wenig, dass es wohl nicht einmal Kenner merken werden.
Laurence Dale: "Jetzt verrätst du aber Geheimnisse!"
Dabei diskutieren die beiden viel, praktisch immer. Doch in einem Punkt sind sie sich schnell einig: Auf keinen Fall wollen sie eine der bekannten Arien verwenden - oder wenn, dann nur mit viel Ironie. "Wir haben ein Leitmotiv einer sehr berühmten Arie, aber man hört nur die ersten Anfangstakte und dann hört es auf", verrät Dale. "Oder man hört es in einer neu arrangierten Version, die völlig verstimmt klingt", ergänzt Petrou. "Jetzt verrätst du aber Geheimnisse", wirft der Regisseur schmunzelnd ein.
Kein Geheimnis ist, dass es nicht nur um klangvolle Stimmen geht. Ein Besuch bei der Probe zeigt: Hier ist auch viel schauspielerisches Talent gefragt. Auch feilen die beiden weiter an ihrer Oper, diskutieren, suchen - bis Mai ist ja auch noch Zeit.
Die Premiere von "Sarrasine" ist am 10. Mai im Deutschen Theater Göttingen. Weitere vier Aufführungen können Sie bis Pfingsten erleben.