Auf den Spuren der Musik: Stadtführung in Göttingen
Göttingen ist nicht nur bekannt für die internationalen Händel-Festspiele, auch der berühmte Komponist Johannes Brahms oder die Chansonnière Barbara haben ihre Spuren hinterlassen - zu erleben bei der musikalischen Stadtführung.
Hilmar Stemmler, Jahrgang 1952, ist ehemaliger Lehrer und Musikkenner, außerdem autodidaktischer Jazzer. Er hat die Führung durch die Musikstadt Göttingen entwickelt. Erste Station ist heute das "Lumière". Früher spielte hier das junge Theater, nun ist es ein Programmkino und 1964 war es Auftrittsort der französischen Chansonnière Barbara.
Chansonnière Barbara lernt Göttingen kennen und lieben
Eigentlich wollte die Sängerin nie nach Deutschland kommen, aufgrund der Erfahrungen ihrer jüdischen Familie mit den Nazis. Aber als der damalige Direktor des Jungen Theaters Hans-Gunter Klein sie in Paris getroffen hat, muss er wohl überzeugend gewesen sein, erzählt Stemmler. "Hans-Gunter Klein hat es irgendwie geschafft, ihr das doch schmackhaft zu machen, aber sie ist mit großen Ressentiments nach Göttingen gekommen."
Ihr Auftritt war ein voller Erfolg. Barbara lernte Göttingen kennen und lieben und widmete der Stadt ein eigenes Chanson.
Doch sollten wieder Waffen sprechen, es würde mir das Herz zerbrechen, denn wer weiß, was dann noch übrig bliebe - von Göttingen. Chansontext von Barbara
Barbara verstand das Göttingen-Lied als Teil der Völkerverständigung zwischen beiden Ländern.
Bedeutende Musikinstrumentensammlung in Göttingen
500 Meter weiter Richtung Innenstadt ist der nächste Halt am Accouchierhaus, der ehemaligen Entbindungsklinik aus dem 18. Jahrhundert. Heute beherbergt es unter anderem das musikwissenschaftliche Seminar und 2.000 Musikinstrumente hauptsächlich aus Europa, Asien und Afrika. "Hier gibt es eine von nur sieben erhaltenen koptischen Lauten, also Lauten aus Ägypten, aus dem dritten bis achten Jahrhundert nach Christus", hebt Stemmler hervor. An den Instrumenten wird noch geforscht, teilweise können sie auch besichtigt werden.
Heute geht Stemmler aber weiter in den Untergrund, zum "Nörgelbuff" - Live-Club und Kellerkneipe mit Bühne. "Hier haben Otto Waalkes, Hannes Wader, Ulrich Roski ihre Karriere begonnen. Es war Blues, Rock, Jazz zu hören", erzählt Stemmler und auch er selbst ist hier schon mit seiner Jazzband aufgetreten. Aktuell ist am 23. Februar zum Beispiel Punk und Ska angesagt - die Wisecräcker kommen.
Vom Blues Keller zu den Händel-Festspielen
Weiter geht's und Stemmler erzählt begeistert und mitreißend von der Musikstadt Göttingen in der Vergangenheit, aber auch in der Gegenwart. Er berichtet vom Blues-Keller "Blue Note" am Wilhelmsplatz, der längst geschlossen ist, aber auch vom Göttinger Sinfonieorchester, dem Göttinger Jazzfestival und von den internationalen Händel-Festspielen. Allein die beiden Festivals locken jedes Jahr Tausende Musikbegeisterte in die Uni-Stadt.
Johannes Brahms verliebt sich in Agathe von Siebold
Zum Schluss geht es noch einmal in die Vergangenheit - musikalisch gesehen in die Romantik. In der ehemaligen Klavierfabrik Ritmüller musizierte 1853 Johannes Brahms. Dorthin hatte ihn sein Freund, der Geigenvirtuose Joseph Joachim, gebracht. In Göttingen verliebte sich Brahms in die Professorentochter Agathe von Siebold. Nach einem leidenschaftlichen Sommer mit Agathe trennte er sich 1858 jedoch von ihr. Diese Beziehung verarbeitete er auch in seiner Musik.
Eine Stadt mit vielfältiger Musikszene
Hilmar Stemmler könnte noch viel mehr erzählen von der vielfältigen Musikszene die von klassischer Musik bis zu Jazz und Rock und Pop reicht und von den vielen Live Bühnen in Göttingen.