"Golden Ear Challenge": Konzertpublikum unterstützt Forschung
Mit der "Golden Ear Challenge", einer interaktiven Konzertreihe, untersucht die Universität Oldenburg, warum wir Musik sehr unterschiedlich wahrnehmen. Ein Konzertpublikum in Hannover hat sich der Herausforderung gestellt. Oldenburg und Hamburg folgen noch.
Mehr als 200 Menschen sitzen im gut gefüllten Auditorium von Schloss Herrenhausen und hören sich kurze Klassik-Passagen an, gespielt vom Orchester im Treppenhaus. Ihnen werden Fragen gestellt: "Bitte hören Sie jetzt einmal ganz genau hin. Welches Instrument in diesem Streichquartett-Ausschnitt von Beethoven spielt falsch? Erste oder zweite Geige, Bratsche oder Cello?" Das Streichquartett baut bewusst kleine Fehler ein. Die Zuhörenden bestimmen dann über eine App auf dem Smartphone die falsch spielende Stimme. Das Ergebnis wird an die Wand projiziert und zeigt: Gut erkannt werden oft die Geigen, wenn sie falsch spielen.
Hörhilfen für Musik verbessern
Das Konzert gibt wichtige Erkenntnisse für den Hörforscher und Musikwissenschaftler Kai Siedenburg: "Wir möchten einen Einblick gewinnen, wie wir im Konzert unterschiedlich hören und wir möchten auch die Livesituation mit der Laborsituation vergleichen können." Langfristig diene das dazu, herauszufinden, wie man Hörhilfen für Musik besser anpassen kann. "Die funktionieren im Moment relativ gut für Sprache, aber Musik ist da so ein Thema, was noch nicht so viel bearbeitet wurde", sagt der Forscher der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg. Es gebe bereits seit Jahrzehnten Forschung im Bereich der Musikpsychologie. Die Forschung zum musikalischen Hören und zu damit verbundenen Hörproblemen, stecke aber noch in den Kinderschuhen - nicht zuletzt, weil Hörprobleme bisher Teil der Audiologie gewesen seien.
Umschalten zwischen Musik und Sprache
Auch die Hörgeräteakustikerin Esther Rois-Merz aus Wien sieht in dem Bereich noch Verbesserungsbedarf. Sie berät Menschen mit Hörbeeinträchtigung. Ein Thema seien Probensituationen. "Ein Hörgerät sollte sehr rasch umschalten können zwischen klanglich schöner Verarbeitung und Sprachverstehen, weil wir einfach sehr schnell hin und her wechseln zwischen Musik und Sprache und das funktioniert noch nicht so schnell. Oder dass man angeben könnte, ich möchte Musik bevorzugt hören und ich bin eben nicht der oder die Barbesucherin, wo mal ein Pianogeplänkel im Hintergrund ist."
Wechsel zwischen analytischem und nach vorne gerichtetem Hören
Bei der Forschung geht es auch um Musikpsychologie. Ein Klassikfan erkennt Fehler in einem Stück von Beethoven vermutlich eher als in einem Stück der polnischen Komponistin Grażyna Bacewicz aus dem 20. Jahrhundert. Und dann gibt es noch das Hören der Musiker, das sich je nach Situation unterscheidet, sagt Violinistin Johanna Ruppert vom Orchester im Treppenhaus: "Es kommt auf die Situation an, ob man jetzt in einer Probe ist oder in einem Konzert. Wenn es darum geht, zu verbessern was man gerade spielt, hört man ganz anders zu, als wenn man jetzt auf der Bühne ist und ein Konzert spielt." Dann spiele es nämlich überhaupt keine Rolle mehr, was jetzt gerade war, betont Ruppert. "Dieses analytische Hören ist dann total egal, weil der Moment dann schon vergangen ist. Man muss dann eher in dieses Vorhören gehen und wirklich schon wissen, wie der nächste Ton klingt. Man ist eher in diesem Kreieren und nach vorne gerichteten Hören."
Gewinner der Challenge: Ein Musiker
Nach vier Durchläufen mit jeweils sechs Minipassagen klassischer Musik und viel Spaß des Publikums beim gemeinsamen Grübeln, steht der Gewinner der "Golden Ear Challenge" in Hannover fest: Es ist ein Musiker. Denn auch das macht, wie wir hören: als Streicher mit einem goldenen Ohr für Störtöne in klassischen Stücken.
"Golden Ear Challenge": Konzertpublikum unterstützt Forschung
Mit der interaktiven Konzertreihe, untersucht die Universität Oldenburg, warum wir Musik sehr unterschiedlich wahrnehmen.
- Art:
- Konzert
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Verschiedene Orte
- Hinweis:
- Freitag, 22. November, 19.00 Uhr, Xplanatorium Herrenhausen, Herrenhäuser Straße 5, 30419 Hannover
Donnerstag, 28. November, 20.00 Uhr, Oldenburgisches Staatstheater (Exerzierhalle), Johannisstr. 6, 26121 Oldenburg
Freitag, 7. März, 19.00 Uhr, Elbphilharmonie (Kaistudio), Platz der Deutschen Einheit, 20457 Hamburg