Orchester im Treppenhaus mit musikalischer Wochenend-Auszeit
Es gibt das Konzert und das Festival - und jetzt kommt als neue Kurzform das Konzertwochenende dazu. Das hat sich das Orchester im Treppenhaus aus Hannover ausgedacht, bekannt für seine ungewöhnlichen Formate und Orte für klassische Musik. Los ging es am Freitag.
Ein gut gefüllter Vortragssaal im Sprengel Museum, darin ein Quartett und in seiner Mitte ein roter Sessel. Auf ihm sitzt eine blonde Frau und lauscht, die Augen geschlossen. Notfallkonzert nennt sich das Konzept, bei dem Menschen ihren Notfall auf einen Zettel schreiben.
Davon lassen die Musiker sich zu einer Improvisation anregen, sagt der Cellist Thomas Posth: "Das, was wir improvisieren, soll möglichst diesen Notfall auch widerspiegeln. Die Person sitzt ja direkt vor uns. Das heißt, wir sehen ja auch, wie sie sich erkannt fühlt. Und dann kommt als zweiter Teil immer ein Streichquartett-Ausschnitt, den wir einfach in petto haben. Wir suchen immer den aus, bei dem wir das Gefühl haben, das ist das, was der Person da am besten vielleicht auch raus hilft."
Nicht nur traurig, auch belebend wie das Divertimento von Mozart und beruhigend wie eine Quartett-Version von "Der Mond ist aufgegangen" wirken die Stücke an diesem Nachmittag. Zudem fühlen einige Besucher mit dem Menschen mit, der da vorne sitzt.
Trend aus England: Community Music
Gemeinsames entstehen zu lassen, Kontakt zum Publikum aufzunehmen, das ist dem Orchester wichtig. Deshalb gibt es am Sonntag auch einen sogenannten Community Music Workshop mit zwei Gästen vom Konzerthaus Dortmund.
"Community Music ist eine aus England stammende Art, mit vielen Menschen zusammen Musik zu machen - ohne irgendwelche Voraussetzungen. Und das machen die in England seit 60 Jahren supererfolgreich. Das Tolle ist, dass die beiden es wirklich schaffen werden, mit Menschen, die zum Teil vielleicht ein Instrument spielen, zum Teil überhaupt nicht, trotzdem mit allen zusammen innerhalb von zwei Stunden irgendetwas hinzustellen", erklärt Posth, der auch Dirigent des Orchesters im Treppenhaus ist.
Klassische und Club-Musik im Zusammenspiel
Wer es intellektueller mag, kann heute Abend in Hannover den Keller-Club Feinkost Lampe im Stadtteil Linden aufsuchen. Dort wird das Orchester im Treppenhaus live und im Wechsel zu den liebsten Titeln von Clubbetreiberin Cannelle zu hören sein und mit ihr über die Musik sprechen.
Einen Titel hat sie schon rausgesucht: "A Step" mit Soulsänger Pete Josef und dem österreichischen Perkussionisten Manu Delago: "Er kreist zwischen Klassik und Populärmusik und macht sehr unterschiedliche Projekte, tourt unter anderem auch mit Björk, was schon die Liga zeigt, in der er unterwegs ist, macht aber auch eigene Sachen, teilweise mit Symphonieorchestern, teilweise auch mit Sängerinnen."
Wie wirkt klassische Musik, wenn sie mit Clubmusik kontrastiert wird? Es sind einige experimentelle Momente, die dieses erste Konzertwochenende bietet. Und am Ende wird das Orchester im Treppenhaus auf den namensgebenden Stufen stehen und Johannes Brahms' Klarinettenkonzert aufführen: im Treppenhaus der Cumberlandschen Galerie des Schauspiels Hannover.