"Femmes": Auf den Spuren herausragender Komponistinnen
23 Komponistinnen, Werke über neun Jahrhunderte hinweg - mit ihrem Doppelalbum unter dem Motto "Femmes" legt die Cellistin Raphaela Gromes das Ergebnis einer außergewöhnlichen Recherche quer durch die Musikgeschichte vor.
Von Hildegard von Bingen über Clara Schumann bis hin zu Billie Eilish reicht die Palette, neben diesen sehr bekannten Namen finden sich aber noch viel mehr Entdeckungen, auch eine Ersteinspielung.
Zu Unrecht vergessenene Komponistinnen
Wie aus einer fernen Welt weht dieser Cello-Klang herüber, geheimnisvoll, fast ein bisschen unwirklich. Raphaela Gromes beginnt ihre musikalische Weltreise im Mittelalter, mit Hildegard von Bingens Antiphon "O virtus Sapientiae", einem Lob auf die Weisheit. Die preisgekrönte Musikerin lädt ihr Publikum dazu ein, sich zu öffnen für die Klänge und Geschichten von Komponistinnen, die zu Unrecht vergessen wurden. Und sie hat sich ganz bewusst für kürzere Stücke entschieden, um ein möglichst reiches Spektrum anbieten zu können. Zu ihren Lieblingswerken gehören die Stücke von Pauline Viardot-García, man höre ihre Weltoffenheit förmlich heraus, sagt Raphaela Gromes - wie in der Tarantella, mit viel Temperament und Humor interpretiert.
Der Pianist Julian Riem hat etliche Arrangements beigesteuert, auch drei der sechs Stücke für Violine und Klavier der Liszt-Schülerin und Clara Schumann-Duo-Partnerin Pauline Viardot-García für Violoncello und Streicher bearbeitet - in dieser gelungenen Weise eine willkommene Erweiterung des Repertoires. Dazu spielt Julian Riem im zweiten Teil der Entdeckungsreise im Duo mit Raphaela Gromes - zum Beispiel beim schwungvollen Ungarischen Tanz der schwedischen Komponistin Laura Netzel, die bei Charles-Marie Widor in Paris studiert hat.
Raphaela Gromes: begeistert und schockiert
Um ein solches Doppel-Album zusammenstellen zu können, hat sich Raphaela Gromes viel Unterstützung geholt. Im Beiheft gesteht sie, dass sie begeistert wie schockiert war, als sie sich, inspiriert von einer Freundin, daran machte, ein CD-Programm mit Werken von Komponistinnen zu gestalten. Schockiert, weil sie von so vielen Komponistinnen noch nie gehört hatte, auch während ihres Studiums nicht. Das Archiv "Frau und Musik" in Frankfurt am Main, das umfangreichste seiner Art weltweit, half ihr ebenso wie der Furore-Verlag, der sich seit Jahrzehnten der Musik von Komponistinnen widmet.
Zum ersten Mal überhaupt zu hören gibt es die "Drei Momente" der italienischen Komponistin Matilde Capuis, im Original für Cello und Orchester, sehr melancholische Stücke, leicht aufgehellt am Schluss.
"Femmes": Eindrucksvolle Interpretationen
Raphaela Gromes spielt auf einem sehr besonderen Cello, einem von nur drei Instrumenten, die Carlo Bergonzi gebaut hat. Es ist ihr ein treuer Gefährte auf ihrer Reise, ebenso wie Julian Riem und die Festival Strings Lucerne mit Daniel Dodds. Die vielen Momentaufnahmen liegen hier in eindrucksvoller Interpretation vor - und wir sind aufgefordert, die Spur aufzunehmen und weiterzuhorchen, die Spur dieser Intensität, dieser so differenzierten Klanglichkeit.
Viele der Geschichten - so individuell sie sind - ähneln sich: Viele Frauen waren auf die Unterstützung der Familie angewiesen, bei etlichen geriet das Werk sofort nach dem Tod in Vergessenheit, egal wie erfolgreich sie vorher gewesen sein mochten. Einige wurden nur akzeptiert, wenn sie unter männlichem Pseudonym veröffentlichten. Es ist ein weiter Weg, dies alles aufzuarbeiten, das Album "Femmes" ein wichtiger Schritt.
Femmes
- Label:
- Sony Classical