New Piano Trio: Kontrapunkt, Jazz und Klassik - passt das?
Das New Piano Trio versucht, die kammermusikalische Spielpraxis der Klassik mit der Spielpraxis des Jazz zu verbinden. Wie ihnen das gelingt und was dabei die Herausforderungen sind, erklären die Musiker im Interview.
Der Passauer Geiger und Komponist Florian Willeitner hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Musikstile aus aller Welt zu verbinden. Dafür ist er viel gereist. Nun hat er sich mit seinen langjährigen Weggefährten, dem Cellisten Ivan Turkalj und dem Pianisten Alexander Wienand der barocken Königsdisziplin gewidmet.
Herausgekommen ist sein neues Album "What the Fugue", erschienen beim Label ACT. Allein der Titel lässt schon vermuten, dass es hier weniger um Bach oder Schostakowitsch geht, sondern um einen eigenen Umgang mit dem Kontrapunkt. Willeitner und sein New Piano Trio verstehen die strenge Form von Präludium und Fuge vor allem als kompositorischen Spielplatz: ein harmonisches Ineinandergreifen verschiedener gleichberechtigter Stimmen, inspiriert durch Klassik, Jazz, westafrikanische Rhythmik und die Musik des Nahen Ostens.
Wie habt ihr dieses Programm zu dritt erarbeitet, da sind auch freie Teile mit dabei.
Florian Willeitner: Für uns ist die Herausforderung bei dem kompletten Programm, dass wir die kammermusikalische Spielpraxis der Klassik mit der Spielpraxis des Jazz miteinander vereinen. Es gibt zum Beispiel bei diesem Prélude "Abde(l)" ausnotierte Passagen, die kammermusikalisch sehr genau zu spielen sind. Der Notentext ist dabei relativ genau vorgeschrieben.
Aber dann gibt es die freien Passagen, bei dem man improvisatorisch mit dem musikalischen Material umgeht. Insofern sehen wir das ganze Programm zwischen diesen Welten. Wir schließen direkt an eine klassische Art und Weise an, wie sie früher auch klassischen Musikern zuteil war. Wir wollen nicht nur interpretieren, sondern gleichzeitig auch kreativ mit dem Material umgehen.
Die barocke Tradition, dass Komponisten oder Musiker gleichzeitig auch Improvisatoren und Komponisten am Instrument waren: War es das, was euch an der Idee des barocken Kontrapunkts so gefallen hat?
Ivan Turkalj: Ja und nein. Also nein, weil wir schon in den vorherigen Programmen Improvisationen hatten, die waren ein großer Teil davon. Und ja, weil wir uns am Anfang gefragt haben, dass wir ein Präludien- und Fugen-Programm machen. Präludien sollten improvisiert sein. Ganz am Anfang war im Gespräch, ob wir die Präludien alle improvisieren oder nicht. Wir haben uns aus verschiedenen Gründen dagegen entschieden, aber Improvisation ist ein Teil davon.
Die barocke Tradition schwingt natürlich bei uns klassisch ausgebildeten Musikern immer mit. Aber wie man damit umgeht, nicht mit dem Material, sondern mit der Geschichte, die wir weiterführen wollen, da darf man kreativ sein. Deswegen haben Florian und Alexander die Präludien so konzipiert, dass es genug freie Teile gibt. Sodass es ein Präludium im originalen Sinne ist, also auch schon vor Bach.
Alexander, was hat dich dazu gebracht, Klassik und Jazz zu verbinden? Denn in deinem Studium hast du schon angefangen, beides zu machen. Braucht ihr für den Jazz oder für die Klassik unterschiedliche Stilistiken oder Anschläge? Müsst ihr euch technisch neu sortieren?
Alexander Wienand: Bei mir war das der natürliche Weg, ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Ich habe dann beschlossen, beides zu studieren. Das hat sich für mich normal angefühlt. Es hätte sich eher seltsam angefühlt, etwas nicht weiterzuverfolgen. Die Sache mit dem Anschlag ist natürlich total spannend für alle Pianistinnen und Pianisten.
Man kann seinen eigenen Anschlag so kultivieren, dass man damit alles spielen kann, was man möchte. Aber natürlich gibt es Unterschiede. Um die schwersten Werke der klassischen Literatur zu meistern muss man sich in der Tiefe auch mit Anschlagskultur beschäftigen, die nicht jeder improvisierende Musiker für seine Musik braucht oder hat. Aber derjenige hat anderes für sich entdeckt und entwickelt. Insofern ist das eine sehr individuelle Frage: Wie spielt jemand, was ist dabei wichtig, welche Anschlagsnuancen, welche technischen Fragen? Das kann man schwer pauschal anhand von den beiden Genres beantworten.
Das Gespräch führte Petra Rieß.