Verbände sehen Niedersachsens Amateurmusik in Existenznot
Die Finanzierung der Amateurmusik ist nicht ausreichend, beklagt der Niedersächsische Musikverband. Auf dem Land drohe eine Verarmung des kulturellen Lebens, denn kulturelle Teilhabe würde dort oft nur durch lokale Musikvereine und Chöre ermöglicht.
Sie spielen auf Dorffesten, Politikerempfängen und begleiten den Einzug von Schützen: Amateurmusikerinnen und Musiker, die in ihrer Freizeit musizieren. Organisiert sind sie zum größten Teil in Vereinen, betrieben von Ehrenamtlichen. Doch für Räume und Dirigierende fallen auch Kosten an. Neben Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Zahlungen der Kommunen ist die Finanzierung durch das Land Niedersachsen ein Baustein. Doch da hapert es, sagt Petra Midden vom Niedersächsischen Musikverband. Die Amateurmusik in Niedersachsen sei in Existenznot.
Amateurszene vor Herausforderungen
"Finanzielle Mittel sind nicht geklärt, Bildungsangebote fehlen auf der Fläche Niedersachsens. Wir finden kein Gehör auf politischer Ebene. Das sind so die drei Schwerpunkte, weshalb ich sagen kann, dass es der Amateurszene schlecht geht", betont Midden. 134.00 Euro hat das Land Niedersachsen 2024 für die Amateurmusik mit 250.000 Musizierenden überwiesen, sagt sie. Über den Niedersächsischen Musikrat, dem Dachverband der niedersächsischen Musikkultur, wird das Geld auf die dort organisierten Verbände verteilt. Die Herausforderungen, vor denen die Amateurmusik in Niedersachsen steht, werden im zuständigen Kultur- und Wissenschaftsministerium des Landes gesehen. Minister Falko Mohrs (SPD) lässt dazu mitteilen.
Um die Amateurmusik trotz der gegenwärtig herausfordernden Haushaltslage weiter zu stärken, plant der Landtag, das Niedersächsische Glücksspielgesetz zu ändern. Damit würden die variablen Mittel zur Förderung der instrumentalen und vokalen Laienmusik erhöht. Zitat: Pressestelle des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur
Bildungsangebote schwer zugänglich
Auch bei den Bildungsangeboten sieht Petra Midden Veränderungsbedarf. In Eigenregie hat ihr Musikverein in Gersten im Emsland, nordwestlich von Osnabrück, jetzt das Wohnhaus eines alten Gasthofs zum Haus der Musik gemacht. Zwar betreibt der Niedersächsische Landesmusikrat eine Landesakademie in Wolfenbüttel, an der Übungsleiter für die Ensembles ausgebildet werden, das Problem ist jedoch: Die Anreise aus dem Emsland dauert mehr als drei Stunden.
Für Vorschläge, das zu ändern, zeigt sich Matthias Möhle, Präsident des Niedersächsischen Landesmusikrates, aber offen. "Unser Angebot könnte beispielsweise sein, dass wir Referentinnen und Referenten entsenden, um dann entsprechende Seminare vor Ort durchzuführen", erklärt Möhle. Es könne dann Lehrgänge für Übungsleiter, Chorleiter und Dirigenten geben.
Amateurvereine legen Fundament für Spitzenmusik
Bei den Ausgaben für die Kultur insgesamt belegt Niedersachsen verglichen mit den anderen Bundesländern einen der letzten Plätze. Dabei habe doch Corona sehr deutlich gezeigt, dass Musik der Kitt ist, der alles zusammenhält, sagt Reinhard Walprecht, der Vorsitzende des Kreis-Chorverbandes Hildesheim. Und auch für Spitzenmusiker legten Amateurvereine das Fundament, gibt er zu bedenken. "Die Schulung fängt bei uns schon im Kindergarten an. Wir machen Ausbildung in Kindergärten, wo dann die Kinder kindgerechtes Singen lernen und die Erzieherinnen, und das geht auch theoretisch in die Schule rein. Und wenn wir Spitzenmusiker haben wollen, müssen wir die Talente ausbilden, sichten und fördern. Wenn das nicht mit Kindesbeinen anfängt, haben wir alle ein Problem an der Backe", sagt Walprecht.
800.000 Euro würde es kosten, die Amateurmusik im kommenden Jahr in Niedersachsen gut auszustatten, hat Möhle ausgerechnet. Dies durchzusetzen, scheint angesichts zahlreicher Belastungen der staatlichen Haushalte derzeit jedoch schwierig.