"Beim Singen sind Geist, Körper und Seele miteinander verbunden"
Die Wirkung des Singens auf die Kinder und Jugendlichen in Chören ist beeindruckend. Stefan Piendl vom Deutschen Musikrat und Chorleiterin Friederike Stahmer sprechen über die Bedeutung des Musikmachens und wie Musik das Leben verändern kann.
Nach langer Pause findet in Hannover endlich wieder der Deutsche Chorwettbewerb statt. Damit zeigt die nationale Chorszene nach der Pandemie wieder Präsenz. Zum zweiten Mal in seiner 40-jährigen Geschichte, nach 1985, ist Hannover wieder Austragungsort des Deutschen Wettbewerbs. Vom 3. bis zum 11. Juni kommen 94 Amateurchöre aus ganz Deutschland zusammen, die sich bereits im Landeswettbewerb qualifiziert haben.
In "NDR Kultur à la carte" möchten wir über die ersten Runden berichten und sprechen mit Stefan Piendl, Geschäftsführer des Deutschen Musikrates, und Friederike Stahmer, Professorin für Kinder- und Jugendchorleitung an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Sie leitet zudem den Mädchenchor der Sing-Akademie zu Berlin, mit dem sie am Wettbewerb teilnimmt.
Stefan Piendl, Sie sind als Geschäftsführer des Deutschen Musikrates mit den organisatorischen und auch inhaltlichen Strukturen des Wettbewerbs vertraut. Es ist ein Wettbewerb der Amateurchor-Szene und es gibt 14 verschiedene Wertungskategorien, in denen die Chöre antreten. Wie baut sich dieser Wettbewerb auf? Und was passiert in dieser Woche in Hannover?
Stefan Piendl: Es ist ein Amateurwettbewerb und trotzdem auch ein Exzellenzwettbewerb, denn die Chöre müssen sich zunächst in Landeswettbewerben qualifizieren. Man kann nicht einfach sagen, wir fahren mal dahin und haben eine gute Zeit, sondern es sind eben schon die besten Chöre aus den Bundesländern, die in diesen unterschiedlichen Kategorien gegeneinander antreten. Diese müssen sich einer sehr kompetenten Jury in den 14 Kategorien stellen. Und die hören sich das genau an und bewerten nach unterschiedlichen Kriterien.
Friederike Stamer, was ist die Motivation, an so einem Wettbewerb teilzunehmen? Sie sind quasi mit zwei Chören dabei.
Friederike Stamer: Wir sind hier dabei und haben auch schon davor an Wettbewerben teilgenommen. Für uns ist eigentlich die Motivation, so ein großes und dann auch sehr konzentriertes Ziel vor Augen zu haben, was die Probenarbeit auf ein anderes Level hebt. Das ist nach Corona jetzt der Chorwettbewerb. Die Landes-Chorwettbewerbe waren in 2022 und nach diesen unsicheren Jahren, in denen man so viel geplant hat und so vieles nicht stattgefunden hat, war das genau das richtige Ziel: Ein 15- bis 20-minütiges Programm auf den Punkt vorzubereiten und damit in der Chorarbeit wieder einen Impuls zu geben.
Sie haben selbst viel gesungen, haben ein Gesangspädagogik-Studium absolviert, arbeiten mit Chören und lehren an der Musikhochschule, gerade mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendchor-Leitung. Welche Bedeutung hat das Singen?
Stamer: Für mich, und ich glaube, auch für die meisten Menschen, mit denen ich arbeite, hat es eine ganz große Bedeutung. Weil das Singen von allen Musizierformen, die Form des Musizierens ist, in der Geist, Körper und Seele am engsten miteinander verbunden sind. Singen ist immer eine körperliche Tätigkeit. Der Atem ist dabei in Aktion, und das berührt einen emotional sehr tief. Das ist, glaube ich, ganz wichtig. Und es ist für mich ein ganz großes Geschenk, was wir gerade den jungen Menschen an Musik mit auf den Weg geben. Auch wenn wir Kinder haben, die nur zwei Jahre in der Grundschule mit uns singen, diesen Schatz, den sie da mitnehmen, der wird sie ein Leben lang begleiten.
Stefan Piendl, wie ist es bei Ihnen? Welchen Bezug haben Sie persönlich zum Singen?
Piendl: Ich bin leidenschaftlicher Musikliebhaber und seit über 30 Jahren beruflich damit beschäftigt, aber selbst kein Musiker. Insofern ist mein persönlicher Bezug zum Singen einfach, dass ich wahnsinnige Freude an bestimmter Art von Chormusik habe.
Was mögen Sie besonders?
Piendl: Ich habe schon eine große Leidenschaft für die Oper und für die Symphonik. Wenn große symphonische Werke dann noch mit einem Chor unterstützt werden, dann gefällt mir das sehr gut.
Das Gespräch führte Beate Scheibe.