Kommentar: Die "Kühne-Oper" in Hamburg - nicht um jeden Preis!
Braucht Hamburg wirklich eine zweite Oper am Baakenhöft in der Hafencity? Und wie hoch ist das finanzielle Risiko für die Stadt? Ein Kommentar von Daniel Kaiser.
Braucht Hamburg ein neues Opernhaus? Der Milliardär Klaus-Michael Kühne will der Stadt Geld schenken, um eines in der Hafencity zu bauen. Die Rede ist von 330 Millionen Euro. Ein Vertragsabschluss ist aber gerade geplatzt, denn Kühne hat noch Gesprächsbedarf, was Finanzen und Risiken angeht. Jetzt wächst die Kritik an dem Projekt.
Hamburg droht, ein finanzielles Risiko einzugehen
![Daniel Kaiser im Studio Daniel Kaiser im Studio](/nachrichten/hamburg/kaiser470_v-contentgross.jpg)
Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Ein Opernhaus - geschenkt! Schön wär's! Es scheint, ein Geschenk mit sehr kleinem "g" zu sein. Viele haben erhebliche Zweifel daran, dass Kühnes Geld für Haus und Vorbereitung des Grundstücks in der Hafencity reicht - mal ganz abgesehen von den Betriebskosten.
Die Stadt droht, ein finanzielles Risiko einzugehen. Da könnte man vielleicht von Chuzpe sprechen - angesichts der schmerzhaften Baugeschichte der Elbphilharmonie.
Umstrittener Standort Baakenhöft mit Kolonialgeschichte
Auch der geplante Standort am Baakenhöft hat es in sich. Von hier sind deutsche Soldaten zum Völkermord an den Herero und Nama aufgebrochen. Der Senat, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, die Kolonialgeschichte aufzuarbeiten, wird kaum diesen wichtigen Ort planieren und mit einer Oper überschreiben wollen - und das ganz ohne Diskussion.
Wenig Zustimmung unter etabliertem Opernpublikum
Und das Wichtigste: Hamburg hat bereits ein Opernhaus. Das Gebäude muss zwar saniert werden, hat aber Geschichte und Charme. Wenn wir in den vergangenen Tagen dort beim Opernpublikum nachgefragt haben, war kein Jubel zu hören. Sogar bei Opernfans hält sich die Begeisterung für Kühnes Opern-Pläne in Grenzen.
Ich liebe Oper. Aber - mein Eindruck: Es gibt in dieser Stadt keinen echten Bedarf für ein neues Opernhaus. Warum sollte Hamburg eines bauen? Nur, weil Klaus-Michael Kühne es kann und will? Ausgerechnet an diesem Ort? Ich meine, das ist zu wenig.
Diskussion gehört in die Stadgesellschaft
Ein Geschenk ist ein Geschenk ist ein Geschenk. Aber wenn damit Risiken und Zerwürfnisse einhergehen, muss man das Geschenk auch nicht annehmen dürfen.
Dieses Projekt ist zu wichtig und zu sensibel, um es in Hinterzimmern zu verhandeln. Die Diskussion gehört jetzt in die Stadtgesellschaft. Denn: Ja, der Erfolg der Elbphilharmonie hat viele überrascht. Ja, ein neues Opernhaus kann auch eine Chance sein für Kultur, für die Oper, die unserer Gesellschaft ein Nischen-Dasein führt.
Ja, eine neue Oper könnte ein zweiter großer Kultur-Leuchtturm mit internationaler Strahlkraft werden. Aber nur, wenn die Stadt auf diesem Weg mitgenommen wird.
Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserin, lieber Leser, die Trennung von Meinung und Information ist uns besonders wichtig. Meinungsbeiträge wie dieser Kommentar geben die persönliche Sicht des Autors wieder. Kommentare können und sollen eine klare Position beziehen. Sie können Zustimmung oder Widerspruch auslösen und auf diese Weise zur Diskussion anregen. Damit unterscheiden sie sich bewusst von Berichten, die über einen Sachverhalt informieren und unterschiedliche Blickwinkel möglichst ausgewogen darstellen sollen.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Oper
![NDR Logo NDR Logo](/resources/images/logos/ndr_printlogo.gif)