Sammlung in Husum: Was alte Wunschzettel erzählen
Manche Kinder wünschen sich einen Keks, andere Frieden oder ein Titi-Hemd: Eine Sammlung von Wunschzetteln im Husumer Weihnachtshaus zeigt, wie sehr sich Weihnachtswünsche vom 19. bis ins 21. Jahrhundert verändert haben.
Wer etwa noch nicht in festlicher Stimmung sein sollte: Hier kommt er gar nicht drumherum. Auf drei Etagen präsentiert das Husumer Weihnachtshaus alles, was rund um das Fest von Bedeutung ist. Es zeigt, wie die Menschen diese besonderen Tage zu unterschiedlichen Zeiten begangen haben.
Wunschzettel zeigen Verhältnis von Eltern und Kindern
Ein besonderer Schatz des Hauses ist eine Sammlung von Wunschzetteln vom 19. bis ins 21. Jahrhundert. Sie haben sich im Laufe der Zeit drastisch verändert. Dass die Kinder fein säuberlich ihre Wünsche notieren: Das ist noch gar nicht so lange Brauch. Wie sich das Verhältnis von Eltern und Kindern, die gesellschaftliche Situation, die Verteilung des Wohlstands entwickelt haben - all das spiegelt sich in den Wunschzetteln wider.
Es beginnt im 19. Jahrhundert mit sogenannten "Weihnachtswünschen" - handschriftlichen Briefen an die Eltern mit einem Gedicht. "Diese waren eine Ertüchtigung der Kinder und gleichzeitig das Geschenk an die Eltern - verbunden damit, dass sie nicht nur diese wunderbaren Blätter beschreiben, sondern den Text auch auswendig lernen mussten", erklärt Alix Paulsen vom Weihnachtshaus Husum. Mit den Briefen hätten die Eltern kontrolliert, ob das Auswendiglernen geglückt war. "Vermutlich erst dann durften die Kinder einen Blick auf den Weihnachtstisch werfen."
Erster Weltkrieg: Soldaten-Engel auf Wunschzettel-Vordruck
Erst um 1890 kommen Wunschzettel in Mode, durch die Spielzeugindustrie und den Handel. Vielen dieser Vordrucke sieht man an, aus welcher Zeit sie stammen. Ein Exemplar aus dem Ersten Weltkrieg zeigt einen Engel als Soldat. Als der Krieg vorbei ist, verschwindet auch der Soldaten-Engel. Auch die Wünsche ändern sich. Ein Junge namens Alf wünscht sich 1916 immerhin an dritter Stelle: Frieden.
Auch die wirtschaftliche Situation der Familien spiegelt sich in den Wunschzetteln wider. Auf einem herausgerissenen Blatt, das nicht vollständig ist, wünscht sich ein Kind einen Keks, ein bisschen Papier und ein paar Stifte.
Nachkriegszeit: Wünsche werden international
Als es nach 1945 langsam wirtschaftlich bergauf geht, wirkt sich das auch auf die Geschenke aus. Wenn die Eltern mehr Geld haben, können sich die Kinder mehr wünschen. Es tut sich eine vorher unbekannte Vielfalt der Möglichkeiten auf - das Wirtschaftswunder findet sich in den Wunschzetteln wieder. Auch sei spannend zu sehen, wie die Wünsche in der Nachkriegszeit plötzlich international wurden, so Paulsen. "Es kommen Dinge hinein, die vorher keine Rolle gespielt haben, zum Beispiel eine Collegemappe oder ein Titi-Hemd. Das sind Dinge, mit denen man vorher mit Sicherheit nicht konfrontiert wurde."
Für die einen sind die Wunschzettel von gestern vielleicht nichts als Papiermüll. Für Alix Paulsen aber steckt in der Geschichte der kleinen Papiere die Geschichte der großen Welt.