Kant-Ausstellung in Lüneburg: Die Erfindung des Spaziergangs

Stand: 22.04.2024 08:24 Uhr

Über den Philosophen Immanuel Kant ist viel bekannt, über den Menschen allerdings nur wenig. Zu seinem 300. Geburtstag widmet das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg Kant nun eine Sonderausstellung.

von Marie Schiller

Was hat der große Denker Immanuel Kant mit Billard zu tun? Die Antwort kommt von Kurator Tim Kunze: "Kant hat als Student schon Billard gespielt - später auch. Er hat in der Studienzeit mit Billard spielen sein Studium finanziert, er kam ja aus keiner reichen Familie." Bis irgendwann niemand mehr gegen ihn spielen wollte. Bevor Kunze Kurator im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg geworden ist, hat er Philosophie studiert. "Die Kritik der reinen Vernunft" war Pflichtlektüre - Kant als Mensch nur Nebensache.

Umso spannender auch für den Kurator, das Leben des Philosophen zu entdecken. Besonders stolz ist er auf einen originalen Spazierstock von Immanuel Kant. Der wurde noch nie zuvor in einer Ausstellung gezeigt - und ist doch ein ganz besonderes Stück. Denn die Spaziergänge des Philosophen sind berühmt: "Ich hielt das immer für eine Selbstverständlichkeit, dass ein Bürger spazieren geht. Und bei den Recherchen haben wir herausgefunden, dass er eigentlich eine Art Trendsetter war. Spazieren gehen war im späten 18. Jahrhundert was Ungewöhnliches und die Leute haben sich gewundert, warum geht jemand so auf der Straße durch die Stadt als Vergnügen."

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Eintauchen in Kants Königsberg-Zeit

Auf so einem Spaziergang können die Besucherinnen und Besucher Immanuel Kant begleiten - mit einer Virtual-Reality-Brille. Alte Stadtpläne und künstliche Intelligenz haben dabei geholfen, die Heimat von Kant, die Stadt Königsberg, nachzubilden: Häuser mit roten Dachziegeln, eine große Kirche, alte Segelschiffe, die am Flussrand liegen. So hat es damals ausgesehen in Ostpreußen, dem Kernthema des Lüneburger Museums.

Nach dem zweiten Weltkrieg sind viele Ostpreußen in der Region rund um Lüneburg gestrandet. Die Sonderausstellung über Immanuel Kant passt daher gut in dieses Museum, sagt der Museumsdirektor des Ostpreußischen Landesmuseums Joachim Mähnert: "Für uns eine große Chance auf das Kulturgut Ostpreußens hinzuweisen. Man kennt die schöne Landschaft, die Trakener Pferde, die Elche. Aber Ostpreußen ist viel mehr: Käthe Kollwitz, E.T.A. Hoffmann und natürlich als berühmteste Persönlichkeit Immanuel Kant."

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Der Mensch Kant: Guter Schüler, junger Student, gelehrter Greis

Ein Philosoph, über den man noch heute diskutieren kann: Einerseits ein Aufklärer, ein Verteidiger der Menschenwürde, andererseits ein Mann mit einem konservativen Frauenbild, mit umstrittenen Rassenvorstellungen. Auch das thematisieren sie in der Ausstellung - mit kleinen Details, so Mähnert: "Wenn wir zum Beispiel sagen, wir haben den Silberlöffel, dann sagen wir: Ja, den hat Kant selbst rausgenommen, weil er seinem Diener nicht vertraut. Das zeigt eben, dass selbst ein Kant, der ja für die Gleichheit vor dem Gesetz steht, immer noch in solchen Standesunterschieden denkt."

Umso wichtiger für den Kurator, die Kulturgeschichte aufzugreifen, das Leben und das Denken im 18. Jahrhundert. Genauso alt ist ein kleines, aber skurriles Ausstellungsstück: Ein helles Haarbüschel vom Kopf des Philosophen - original. "Nach Kants Tod gab es sehr viele dieser Haare, die im Umlauf waren, der Betreuer hat in seiner Biografie geschrieben, es gab so viele, die hätten gar nicht auf Kants Kopf gepasst", erzählt der Museumsdirektor. "Bei diesen Haaren kann man das tatsächlich über die Jahrhunderte belegen, dass es immer kantische Haare waren." Kant als Sohn einer Handwerkerfamilie, als guter Schüler. Kant als junger Student, gesellig. Kant als alter Mann, ein gelehrter Greis. In der aktuellen Ausstellung geht es um den Menschen Kant - dem Philosophen Kant will das Museum ab 2025 sogar eine Dauerausstellung widmen.

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Über den Menschen Immanuel Kant ist nur wenig bekannt. Das will die Sonderausstellung im Lüneburger Landesmuseum ändern.

Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Ostpreußisches Landesmuseum
Heiligengeiststraße 38
21335 Lüneburg
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 22.04.2024 | 07:50 Uhr

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