Jahrhundert-Künstler: Picasso und Beckmann im Sprengel Museum
Pablo Picasso und Max Beckmann gelten als Schlüsselfiguren der Moderne. Trotz ihrer Verschiedenheit, und obwohl sie sich nie begegnet sind, gibt es einige Berührungspunkte, die das Sprengel Museum Hannover in einer Schau zeigt.
Das Sprengel Museum stellt hochkarätige Werke von Picasso (1881-1973) und Beckmann (1884-1950) gegenüber. Bis zum 16. Juni können Besuchende die beiden Künstler erstmalig gemeinsam in einer Ausstellung sehen. Wie unterschiedlich Picasso und Beckmann gearbeitet haben, zeigt sich bereits auf der ersten Stellwand der Ausstellung. Links Picassos "Drei Frauen" von 1908: Sie sind kaum auszumachen, ihre Körper in geometrische Figuren zerlegt. Daneben hängt Beckmanns "Große Sterbeszene". Eine Frau mit bleichem Gesicht liegt auf einem Bett. Die Augen geschlossen, der Mund leicht geöffnet, daneben winden sich Trauernde in ihrem Schmerz.
"Die große Sterbeszene von Beckmann, jetzt noch ganz in der Figuration und so im Stil des Spätimpressionismus' von Slevogt oder Liebermann. Aber im Gegensatz zu diesen deutschen Spätimpressionisten viel roher und eben auch viel direkter in der Expression und in der Ausdruckskraft dann absolut auf Augenhöhe mit Picasso, im Stil eben noch nicht so experimentell", erklärt Reinhard Spieler, Kurator der Schau und Direktor des Museums.
Entwicklung der Künstler chronologisch abgebildet
Die Entwicklung der beiden Maler, die in den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts in Spanien und Deutschland geboren wurden, lässt sich chronologisch verfolgen. An der rechten Wand hängen die Werke von Beckmann, sie ist in warmem Rot gestrichen. An der linken Wand wird auf kräftigem Violett Picasso präsentiert. Der Mitbegründer des Kubismus experimentiert mit verschiedenen Perspektiven auf seine Objekte. Zersplittert wirken manche seiner Bilder.
Beckmann arbeitet ebenfalls mit kubistischen Formen, verarbeitet, was er erlebt hat, sagt Spieler: "Da ergibt sich diese Zersplitterung des Bildraums aus seinen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg, und zwar inhaltlich. Da fliegt alles bei Bombenexplosionen in die Luft, und diese Zersplitterung, diese Zerstörung des Raumes, die drückt er jetzt diesen Figuren auf. Die Figuren werden deformiert von diesem zackenden Rhythmus des splitternden Raums und sind Ausdruck der Zerstörung."
Große Themen: Zerstörung, Entwurzelung, Geschlechterbeziehung
Zerstörung und Entwurzelung - sie spiegeln sich in den Werken beider Künstler wider. Beckmann wurde als sogenannter "entarteter" Künstler diffamiert und floh 1937 in die Niederlande, Picasso verarbeitete die Bombardierung Guernicas im Spanischen Bürgerkrieg. Doch am Ende der Ausstellung begegnen sie sich auch mit ihrem Blick auf das Geschlechterverhältnis: Beckmanns sich kokett räkelndes Garderobenmädchen von 1941 hängt unweit von Picassos kubistisch zerlegtem "Liegender Frauenakt mit Katze" von 1964.
"Das ganze Verhältnis zwischen den Geschlechtern ist noch einmal ein großes Thema. Also bei Picasso ist es das Thema Stierkampf, wo da ganz viel abgearbeitet wird. Bei Beckmann ist es auch ein Lebensthema, wo die Abhängigkeit und die Verstrickung in Gewalt sich in der Geschlechterbeziehung eben in Kongruenz zur gesellschaftlichen Gewalt auch darstellt - also wie mehrere Schichten, die so übereinander liegen. Das sind alles Facetten ein und desselben Phänomens", erläutert Museumsdirektor Spieler.
Gang durch die Kunstgeschichte
"Pablo Picasso - Max Beckmann. Mensch - Mythos - Welt" ist eine umfangreiche Schau, die über die Werke auch die unterschiedlichen Persönlichkeiten der beiden Künstler zeigt: das Spielerische bei Picasso, eine gewisse Schwere bei Beckmann. Doch gerade dieser Kontrast macht die Schau interessant. Zugleich ist sie ein Gang durch die Kunstgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der mit einem beeindruckenden Blick auf die Frauengemälde der beiden endet.