Mathias Oppen: Fotorealistische Graffitis aus Mecklenburg-Vorpommern

Stand: 29.01.2025 08:56 Uhr

Viele Städte und Kommunen geben tausende von Euro aus, um unliebsame und illegale Graffitis zu entfernen. Doch Mathias Oppen wird für seine Graffitis bezahlt und zeigt: Graffiti ist nicht nur Kritzelei, sondern echte Kunst.

von Elena Tairis

Es ist eiskalt in Ribnitz-Damgarten. Hände und Füße sind in kürzester Zeit taub, doch Mathias Oppen blendet alles aus: "Ich bin wie im Tunnel. Ich ziehe eigentlich die ganze Zeit durch, bis das Bild irgendwann fertig ist."

Stundenlang durchziehen, Strich für Strich: Mathias Oppen ist einer von wenigen hauptberuflichen Graffiti-Sprayern in Mecklenburg Vorpommern. Sein heutiger Kunde wünscht ein maritimes Motiv. Mehrere hundert Dosen braucht er heute dafür, denn Farben mischen geht nicht. Die Herausforderung: "die Farben zu treffen, dass es fotorealistisch rüberkommt, dass die Farben nicht zu satt sind, dass es aussieht wie ein Landschaftsbild", erklärt Oppen. Dass der 28-Jährige mal so viel Geld mit Sprayen verdienen würde, dass er davon leben kann, hätte er nie gedacht. Es sei ein "hart umkämpfter Markt. Es gibt ja viele, die das nicht hauptberuflich machen."

Mathias Oppen sprayt seit der Schulzeit

Ein Mann sprayt Graffitis © NDR Screenshot
Mathias Oppen hat im Alter von 15 Jahren während eines Schulprojekts sein Talent fürs Graffiti-Sprayen entdeckt.

Schon als kleiner Junge zeichnet er gerne und zeigt Talent. 2011 dann der Meilenstein: ein Graffiti-Schulprojekt. Zusammen mit einem Kumpel entwirft und gestaltet der damals 15-Jährige Wände. Eine Woche lang sprayen sie jeden Tag rund um die Uhr. "Die ersten sind mit dem Fahrrad vorbeigefahren und haben gefragt, ob wir von jemanden die Gartenlaube machen können", sagt Oppen. "So ging es immer weiter. Dann kam die nächste Gartenanlage, der nächste Private - immer nach der Schulzeit."

Mathias macht nach der Schule eine Ausbildung zum Pfleger, sprayt nebenbei im ganzen Bundesland. Er wird immer besser und bekommt immer mehr Aufträge. Das heutige Projekt nimmt nach fünf Stunden Fahrt auf - auch wenn wegen der Kälte sogar die Farbe streikt.

Weitere Informationen
Graffiti auf einem Gebäude auf dem Gelände von Planet Alsen. © NDR

Vergängliche Graffiti-Kunst: Planet Alsen in Itzehoe

Aus grau mach bunt: Auf dem Gelände der ehemaligen Zementfabrik entstehen seit den 1990er Jahren immer wieder neue Graffiti. mehr

Graffitis mit norddeutschem Flair

Ein Graffiti einer maritimen Landschaft © NDR Screenshot
Viele seiner Kundinnen und Kunden beauftragen Oppen mit maritim-norddeutschen Motiven.

Die Entwürfe macht Mathias übrigens im Warmen auf dem Tablet. So kann er das Motiv mit dem Kunden haargenau abstimmen. Seine Werke sind seine Visitenkarte. Alleine in seiner Heimatstadt Rignitz-Damgarten gibt es unzählige. Die meisten Kunden werden so auf ihn aufmerksam, möchten meistens norddeutsches Flair: "Wir wohnen ja hier am Wasser, also Wasser, Strand, Landschaften, Kraniche, Boote - eben so etwas in diese Richtung", erzählt Oppen.

Auch das heutige Motiv ist eindeutig norddeutsch und nach sieben kalten Stunden langsam fertig. Vor zwei Jahren wagt der Vater einer kleinen Tochter den Schritt in die Selbstständigkeit. Aus dem Pfleger wird hauptberuflicher Künstler - ein Traum, den sich Mathias Oppen hart erarbeitet hat: "viel üben, viel Zeit, viel Geduld und dranbleiben - nicht wieder aufhören."

Weitere Informationen
Der Sprayer Walter Fischer alias "OZ" (© SWR/TESE, für die Sendung "City of OZ" in der ARD Audiothek) © SWR/TESE

Sprayer OZ und seine Graffiti in Hamburg: Kunst oder kriminell?

Seine rund 120.000 Graffiti in Hamburg polarisieren noch immer. Am 7. Januar 1950 wurde der Sprayer OZ geboren, er starb 2014. mehr

Graffiti-Künstler Nils Freye arbeitet an einem Motiv auf einem Stromkasten. © Screenshot
3 Min

Cloppenburg und sein legaler Graffiti-Künstler

Kunstwerke statt Schmierereien und Vandalismus: Um dieses Ziel zu verfolgen hat die Stadt Nils Freye beauftragt. 3 Min

Ein Mann mit Anzug und Schlapphut wird aus einem vollen Vorlesungssaal gedrängt, während einige Fotografen, die daneben stehen, teils belustigt zusehen. © Günter Zint

Legende von nebenan: Peter Ernst Eiffe, Streetart-Pionier aus Hamburg

Der Aktionskünstler mit sehr eigenem Humor hat die Hansestadt 1968 mit seinen Slogans überzogen. mehr

Lila Herzen an einer Wand, wo zuvor Hakenkreuze waren. © Bündnis gegen rechts Göttingen

Göttingen: Aktivisten übermalen Hakenkreuze mit lila Herzen

Das Bündnis gegen Rechts machte mehr als 80 der verbotenen Symbole an Wänden und Fußböden des Iduna-Zentrums mit Farbe unkenntlich. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | DAS! | 26.01.2025 | 18:45 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Malerei

Grafik und Design

Architektur

Ein leerer Bilderahmen hinter Polizei-Absperrband. © NDR Foto: Foto: [M] Aleksandr Golubev | istockphoto, David Wall | Planpicture

Kunstverbrechen - True Crime meets Kultur

Lenore Lötsch und Torben Steenbuck rollen spektakuläre Kunstdiebstähle auf. Sie nehmen uns mit an Tatorte, treffen Zeugen und Experten. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Vasco Boenisch © picture alliance/dpa Foto: Julian Stratenschulte

Schauspiel Hannover: Neuer Intendant steht für "weltoffenes Theater"

Vasco Boenisch spricht im Interview über seine neue Aufgabe und verrät ein bisschen über das kommende Programm. mehr