Eine Frau mit lagen Haaren sitzt in einer Ausstellung auf einer Bank vor Kunstwerken. © Ulrich Perrey

Leben für die Kunst: Geniale Frauen - gegen alle Widerstände

Stand: 13.10.2023 07:35 Uhr

Das Bucerius Kunst Forum in Hamburg versammelt in einer Ausstellung 30 herausragende Künstlerinnen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, die gegen alle Widerstände ihrer Zeit berühmt und erfolgreich wurden.

von Anette Schneider

Seit einigen Jahren werden verstärkt vergessene Frauen und deren Leistungen in Wissenschaft und Kunst wieder sichtbar gemacht. Das Bucerius Kunst Forum in Hamburg präsentiert nun im Projekt "Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten" rund 150 Werke von Sofonisba Anguissola, Elisabetta Sirani, Angelika Kaufmann und vielen anderen.

Sie malten, was ihre männlichen Kollegen malten - und genau so gut

Sofonisba Anguissola: Porträt von Bianca Ponzoni. © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt; Public Domain Mark 1.0
Sofonisba Anguissolas "Porträt der Bianca Ponzoni" aus dem Jahr 1557.

Effektvoll ausgeleuchtet hängen da große, repräsentative Herrscherporträts. Zu Höchstpreisen gehandelte Stillleben mit Blumen und goldenen Pokalen. Genreszenen rauchender und trinkender Männer. Die Geburt Christi. Dramatische Historienbilder. Selbstporträts. Die europäischen Künstlerinnen malten, was ihre männlichen Kollegen malten. Und sie malten es genau so gut. Nur dass es nach den damals geltenden Regeln und Normen eigentlich gar keine Künstlerinnen geben durfte. Doch, so betont Kuratorin Katrin Dyballa: "Wenn die junge Frau das Glück hatte, in eine Künstlerfamilie hineingeboren zu sein, dann hatte sie die besten Voraussetzungen: Weil sie nah an dem Werkstattbetrieb bereits dran war. Wenn der Vater dann auch das Talent erkannt hat und gefördert hat ..."

In sieben Kapiteln erzählt die Ausstellung, auf welch unterschiedliche Weise sich die Frauen gegen gesellschaftliche Widerstände durchsetzten und als Künstlerinnen behaupteten. Berühmt ist Sofonisba Anguissola aus Cremona, die mit mehreren herrschaftlichen Porträts vertreten ist und die um 1550 als Elfjährige von ihrem Vater in eine Künstler-Werkstatt gegeben wurde. "Ihren Vater kann man als modernen Manager bezeichnen", erzählt Dyballa. "Sie hat ganz viele Selbstbildnisse geschaffen, signiert entsprechend. Diese hat ihr Vater dann verschickt an potenzielle Auftraggeber - und sie so promotet. Und das sehr erfolgreich. Sie ist dann letztlich an den Spanischen Hof nach Madrid gekommen."

Frauen durften im deutschsprachigen Raum keine Ölmalerei praktizieren

Lavinia Fontanas "Selbstportrait am Spinett". © Accademia Nazionale di San Luca, Roma. Mauro Coen Foto: Mauro Coen
Lavinia Fontanas "Selbstporträt am Spinett" aus dem Jahr 1577.

Lavinia Fontana hatte in der Werkstatt ihres Vaters gelernt. Ihre lebendigen, dem Betrachter zugewandten Porträts hängen jetzt neben den noch recht starren, der Renaissance verhafteten ihres Vaters und zeigen ihre eigenwillige, künstlerische Entwicklung. Mit der war sie so erfolgreich, dass ihr Mann seine Karriere aufgab und die Familie versorgte. Oder Elisabetta Sirani aus Bologna: Um 1660 übernahm sie die Werkstatt ihres Vaters, malte Historienbilder und eröffnete eine Malschule für Frauen. Karrieren wie diese waren in deutschen Landen undenkbar.

"Gerade im deutschsprachigen Raum durften Frauen die Ölmalerei nicht praktizieren. Deshalb ist zum Beispiel Sibylla Merian auf einer anderen Ebene zur Künstlerin geworden - auf Papier, oder mit Pergamentarbeiten und ist letztendlich als Naturforscherin tätig geworden", berichtet Dyballa. Doch nicht immer gelang ein unabhängiges Künstlerinnenleben. Die Gründe dafür sind bis heute bekannt: Judith Lyster etwa hatte bei Frans Hals gelernt und war mit ihren lebenssprühenden Alltagsszenen auf dem Markt gefragt. Dann heiratete sie und arbeitete vermutlich nur noch anonym in der Werkstatt ihres Mannes.

Zu Lebzeiten oft berühmt und erfolgreich

Das Wunderbare an der Ausstellung ist, wie sie wie nebenbei die Erkenntnis vermittelt, dass es immer Künstlerinnen gab. Dass diese "genialen Frauen" oft mühsam um ihren Weg rangen und viele zu Lebzeiten berühmt waren und geschätzt wurden. Bis sie starben - und von der männlichen Kunstgeschichtsschreibung totgeschwiegen wurden.

Auch, weil diese weibliche Konkurrenz exorbitante Preise erzielte, wie Kuratorin Dyballa erklärt: "Sie und ihre Werke waren relativ selten. Man konnte eben mit so einem Werk auch mehr verlangen, die waren sehr wertvoll. Das ist auch von einem italienischen Künstler, Lanfranco, überliefert, der klagte: 'Wenn er nur den Namen einer Frau unter das Bild setzen könnte, könnte er doppelt so viel für das Werk verlangen.'"

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Das Bucerius Kunst Forum in Hamburg zeigt Künstlerinnen, die gegen alle Widerstände ihrer Zeit berühmt und erfolgreich wurden.

Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Bucerius Kunst Forum
Alter Wall 12
20457 Hamburg
Kartenverkauf:
https://shop.buceriuskunstforum.de/webshop/webticket/timeslot
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 12.10.2023 | 16:00 Uhr

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