"Einfach Japanisch": Influencer Hiro Yamada erklärt Japans Kultur
Mit seinem Instagram-Kanal erreicht Hiro Yamada über 200.000 Abonnenten und auf TikTok rund 400.000. Dabei erklärt der Übersetzer, Content Creator und Hamburger kurz und knapp wie Japan tickt - eigentlich ganz einfach, oder?
Hiro Yamada schaut in die Kamera. Kneift sein rechtes Auge zu und salutiert zum Abschied mit zwei Fingern - es wird zu seinem Markenzeichen, nach jedem Post: "Ich glaube, ich habe diese Bewegung in einem Hollywood-Film gesehen, bei Tom Cruise oder so, es ist aber auch schon mindestens 20 Jahre her." Egal. Seine Fans lieben die Geste und bitten ihn darum, wenn sie Selfies mit ihm machen. "Ich hab eigentlich gar nicht damit gerechnet, dass das so ein Ding wird. Dann gibt es schon Leute die fragen, ist das auf Japanisch irgendwas Besonderes?" Seine Antwort darauf, kurz und knapp: "Nö."
Mit Social Media für mehr Verständnis für Japan
Bekannt wurde Hiro Yamada mit seinem Youtube-Kanal "Einfach Japanisch" im Jahr 2020. Für ihn als Übersetzer brachen mit den Corona-Maßnahmen immer mehr Aufträge weg - er schätzt rund 50 Prozent. Kaum Übersetzungsjobs bei Veranstaltungen mehr - weder in Japan noch in Deutschland. Eine Bekannte brachte ihn auf die Idee, einen Youtube-Kanal zu starten und sein Wissen über Japan auf diesem Weg bekannt zu machen. "Ich hab dann auch nachgeschaut, wie viele Leute das bereits machen, und es gibt tatsächlich kaum jemanden, der das auf Deutsch macht - nämlich genau null." Und so hat er angefangen, erst über die japanische Jugendsprache zu erzählen, später die kompliziert klingende Sprache zu erklären.
Mit seinen mehr als 350 hochgeladenen Videos hat er über 41 Millionen Aufrufe generiert. Über 200.000 Abonnenten zählt er da, genauso viel wie auf Instagram. Bei TikTok folgen ihm und seinen Posts rund 400.000 Menschen. Sein Ziel ist es, "dass Vorurteile geklärt werden." Zu viele Missverständnisse und Halbwahrheiten kursieren über Japan hier in Deutschland, findet Yamada. "Da wollte ich entgegenwirken." Beigebracht hat er sich die Social Media-Skills alle selber per Try and Error und mit Durchhalten. Dabei geht er schon planmäßig vor. Notizen bei der Umsetzung helfen.
Anstrengende Kindheit - unterhaltsame Jugend
Seine Kindheit war "anstrengend, weil ich ja immer hin- und hergeflogen bin - Aufgrund der Arbeit meines Vaters. Und als Kind mit 4 Jahren hab' ich nicht die Wahl gehabt, zu sagen: Ich bleib in Japan." Dort ist er in der Präfektur Nara geboren, die für ihre freilebenden Rehe bekannt ist. In Hamburg spricht Hiro Yamada zu Hause mit den Eltern japanisch, im Kindergarten und später in der Schule deutsch. Zusätzlich muss er japanische Fernkurse belegen. "Ich war von Montag bis Freitag in der deutschen Schule, nachmittags Hausaufgaben plus Fernkurse vorbereiten und dann noch zusätzlich auch am Samstag in die japanische Schule. Ich hatte schon das Gefühl, mies behandelt zu werden, weil die Kinder um mich herum am Wochenende frei hatten - nur ich nicht." Im Nachhinein freut er sich allerdings über diese Zeit, da er seine Muttersprache so ausbauen konnte.
Hiro wächst zwischen den Kulturen auf. Er fühlte sich lange irgendwie heimatlos. In Japan ist er zu westlich, in Deutschland ist er zu japanisch, "doch mittlerweile denke ich, dass ich meine Wurzeln in Japan habe, aber auch irgendwo in Hamburg, da ich in beiden Ländern lange gewohnt habe und mich da wohl fühle." Als Junge spielt er gern Nintendo: Mario und Co. aber er liest auch - ausschließlich Mangas, von Comedy bis Wissensbücher, die in Japan im Manga-Format gereicht werden. Die Leidenschaft für Computerspiele und Mangas ist bis heute geblieben.
Der Wortkampf beim Übersetzen
Während seines Informatik-Studium fängt er an, als Übersetzer zu arbeiten. Unter anderem für Lösungsbücher von Computer-Games, aber auch Mangas für den Carlsen-Verlag gehören dazu - seine Leidenschaft macht er zum Beruf, bis heute. "Die meiste Übersetzungen mache ich auch im Manga-Bereich und dort alles, von Action bis Comedy - außer Boys Love." Die Dauer dafür ist unterschiedlich. Lange wortlastige Bände können schon einmal anderthalb Wochen in Anspruch nehmen, wie "Detektiv Conan". Weniger wortgewaltige Titel brauchen rund drei Tage.
"Die Sprechblasen und Soundwörter werden nummeriert", erklärt Hiro Yamada den Prozess und dann Panel für Panel übersetzt. Bis alles fertig ist, werden Korrekturfahnen wegen einzelner Anpassungen oft hin und her geschickt. Denn: "Deutsch ist deutlich länger. Japanisch ist viel, viel kürzer. Kürzer als Englisch und Deutsch." Und so muss oft nachjustiert werden, denn Sprechblasen haben nun mal ihre Grenzen. Die Liebe zur Sprache kam eher unvermittelt. Als Schüler waren Deutsch und Englisch nicht die Lieblingsfächer von Hiro Yamada, "aber später in der Praxis hat sich's ergeben, dass ich als Übersetzter und später als Dolmetscher arbeite."
Übersetzer und Botschafter der japanischen Kultur
Die Zunahme an Manga-Veröffentlichungen in Deutschland sieht der Übersetzer und Manga-Liebhaber positiv: "Es ist tatsächlich faszinierend. Es kommen immer mehr Player und interessante Titel auf den Markt. Früher gab es nur wenige Verlage und wenige Titel, das führte dazu, dass die deutschen Leser keine große Auswahl hatten. Und für diejenigen, die zeichnen wollten, gab es nur eine begrenzte Anzahl an Lehrmaterialien." Und so entwickelt sich mit größerer Auswahl auch die Zeichenqualität in Deutschland.
Hiro Yamada hat einen wesentlichen Anteil daran, dass die Faszination der Manga-Welt im Besonderen und das Verständnis für die japanische Kultur im Allgemeinen gewachsen ist. "Es ist jedenfalls toll, dass ich das Werkzeug sein kann, das zu vermitteln, was die japanische Kunst so drauf hat und das finde ich schon faszinierend." Und so ist er weiter als Übersetzer und Botschafter der japanischen Kultur auf den großen Conventions des Landes und darüber hinaus unterwegs. Im Herbst wird er bei Norddeutschlands größter Convention, der Polaris, für die kulturellen Höhepunkte sorgen - die ersten Acts sind schon bestätigt.