Cold Cases in der Kunstwelt: Ungeklärt, vermisst, verschollen
Wenn Kunstdiebstähle nicht aufgeklärt werden können, spricht man von Cold Cases. Drei von ihnen haben die Kunstwelt besonders verändert.
Fall Nummer 1: Palermo, 1969 - Einbruch ins Oratorio di San Lorenzo
Es ist eines der letzten Gemälde des italienischen Malers Michelangelo Merisi da Caravaggio: "Christi Geburt mit den Heiligen Laurentius und Franziskus" aus dem Jahr 1609. So dunkel wie die dargestellte Szene der Geburt Jesu Christi sind auch die Aussichten, das Altarbild wiederzufinden.
Zwei Täter sollen es gewesen sein, die das Ölgemälde des Frühbarocks Ende der 1960er-Jahre aus einem Gebetshaus in Palermo stahlen. Ein Geistlicher soll danach zwei Briefe der mutmaßlichen Diebe erhalten haben. Im zweiten soll es um Lösegeld gegangen sein, angeblich wurde auch ein Stück des Gemäldes als Beweis seiner Existenz beigefügt. Später wurde darüber spekuliert, ob das Werk ins Ausland verkauft und zerstückelt wurde.
Dieses Gemälde - oder vielmehr ein für die Serie geschaffenes Duplikat - wird prominent in der Streaming-Serie "Ripley" abgebildet. Darin entdeckt der talentierte Mr. Tom Ripley (Andrew Scott) in der Kirche in Palermo durch seinen reichen neuen Freund Richard "Dickie" Greenleaf zum ersten Mal ein Gemälde von Caravaggio. Er ist fasziniert von der Intensität der Farben, des Schattens und von der kriminellen Lebensgeschichte des Malers.
Fall Nummer 2 : Berlin, 1989 - Spitzweg als Performance
Ein armer Mann in einer schäbigen Dachkammer. Von der Decke tropft es, ein Regenschirm soll hier Abhilfe schaffen. 1839 malte Carl Spitzweg die dritte Version von "Der arme Poet". Ausgestellt wurde das berühmteste Werk des Malers in den 1970er-Jahren in der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Dort erweckte es 1976 auch das Interesse des Aktionskünstler Ulay, damals Lebensgefährte von Marina Abramović.
Für eine Performance riss er das Gemälde von der Wand, entwischte durch eine Feuertür und brauste in seinem schwarzen Citroën von dannen. Sein Ziel: die Wohnung einer türkischen Gastarbeiterfamilie. Die Botschaft: Kritik mangelhafter Integration von Gastarbeitern. Am Ende gab Ulay das Gemälde zurück und wurde zu einer Strafzahlung verurteilt. Frei hingegen laufen die oder der Täter herum, die 1989 erneut zuschlugen. Sie entwendeten das Werk aus dem Schloss Charlottenburg in Berlin - bis heute ohne Wiederkehr.
Fall Nummer 3: Boston, 1990 - Zwei Polizisten am Werk?
Die Verkleidung der Täter war naheliegend: In Polizei-Uniformen drangen in den frühen Morgenstunden zwei Personen in das Isabella Stewart Gardner Museum in Boston ein. Sie überwältigten die Nachtwächter und ließen 13 hochwertige Werke mitgehen. Darunter waren etliche Raritäten. Das Gemälde "Das Konzert" von Jan Vermeer beispielsweise ist eines von nur etwa drei Dutzend erhaltenen Werken des niederländischen Malers.
"Christus im Sturm auf dem See Genezareth" malte Rembrandt 1633, es ist das einzige See-Gemälde des Niederländers. Das FBI stufte die 13 Werke als eine der bis dahin teuersten Beute ein: Schätzwert etwa 500 Millionen Dollar. Wer zur Wiederbeschaffung der Bilder beiträgt, kann auch reich werden: Zehn Millionen Dollar Lösegeld sind inzwischen ausgesetzt, um die Diebe zu fassen.