Düstere Serie "Ripley": Andrew Scott als talentierter Hochstapler
Andrew Scott spielt in der hochkarätig produzierten Psychothriller-Serie mit diabolischem Lächeln den talentierten Mr. Ripley nach dem Roman von Patricia Highsmith. Die gelungene, unheilvoll-düstere Serie läuft bei Netflix.
"Jeder Mensch birgt in sich eine schreckliche andere Welt, höllisch und unbekannt", schrieb Patricia Highsmith 1942 in ihr Notizbuch. Ein Satz, der perfekt zu ihrer Romanfigur Tom Ripley passt. Einen der berühmtesten Thriller überhaupt hat die amerikanische Autorin da geschrieben, der schon mehrmals fürs Kino verfilmt wurde. Darunter 1960 mit Alain Delon in "Nur die Sonne war Zeuge" und 1999 mit dem jungen Matt Damon, Jude Law und Gwyneth Paltrow in "Der talentierte Mr. Ripley". Nun gibt es den Stoff als achtteilige Mini-Serie zu sehen.
Andrew Scott passt perfekt als Hochstapler Tom Ripley
So haben wir Tom Ripley noch nicht gesehen. In kontrastreichen schwarz-weiß Bildern, die einem Film Noir aus den 1940er-Jahren alle Ehre machen. Und mit einem Schauspieler, nämlich Andrew Scott, der absolut perfekt passt in dieser Rolle. Ähnlich wie den Irrsinn des Sherlock-Holmes-Gegenspielers Moriarty aus der britischen "Sherlock"-Serie verkörpert Scott auch hier nur durch seine Mimik den unheimlichen Soziopathen Ripley beängstigend gut.
Die erste Folge zeigt Ripley in seinem heruntergekommenen, schimmligen Apartment - eher eine Absteige - in New York, Anfang der 60er-Jahre. Mit diversen Betrügereien hält er sich über Wasser, bevor er einen überraschenden Auftrag bekommt. Er soll seinen alten Bekannten, den Lebemann Richard - genannt Dickie - Greenleaf für seinen Vater, einen reichen Industriellen, aus Italien nach Amerika zurückholen.
- Gibt es einen Grund, warum er nicht zurück will?
- Er sagt, dass es ihm dort besser gefällt. Er sagt, er malt. Davor hat er geschrieben. Doch er ist kein Maler und kein Schriftsteller, das ist sicher. Er segelt und trinkt und will sich vor seiner Verantwortung drücken, das ist alles.
- Hat er keine Arbeit?
- Arbeit, nein, hatte er noch nie. Er lebt von einem Treuhandfonds, den haben wir dummerweise eingerichtet und können ihn rechtlich nicht einlösen.
Dialog aus "Ripley"
Reise an die Amalfiküste zu Dickie
Ripley macht sich also auf von New York nach Italien, genauer gesagt ins kleine Örtchen Atrani, an die Amalfiküste, trifft dort auf Dickie und beginnt, sich zielstrebig in dessen Leben einzunisten.
- Dickie malt auch.
- Ja, ja, sein Va… äh… das, das hast du, glaub ich, in New York erzählt.
- Hab ich? Wenn ja, dann hab' ich gelogen, ich meine… ich wollte es immer, aber ich habe es nie ernsthaft verfolgt, erst, als ich hier war.
- Ich würde gern mal etwas sehen.
- Sicher… ja…
Dialog aus "Ripley"
So beginnt Ripleys perfides Manöver aus Täuschung, Betrug und Mord.
Steven Zaillian erzählt den Stoff sehr unheilvoll, düster und neu
Regisseur und Autor von "Ripley" ist Steven Zaillian, der 1994 den Oscar für sein Drehbuch zu "Schindlers Liste" von Steven Spielberg bekam. Ihm ist das Kunststück gelungen, Highsmiths bekannten Stoff auf eine faszinierende Art neu zu erzählen: sehr atmosphärisch, sehr düster, sehr unheilvoll.
Das liegt vor allem an der Entscheidung, die Serie in Schwarz-Weiß zu drehen. Auch wenn wir an den herrlichsten Schauplätzen in Italien sind, gibt es keine sommerlich-schimmernden mediterranen Bilder, wie man sie aus den bisherigen Verfilmungen kennt. Stattdessen bedrohliche Felsen, dunkle Wolken, düstere Schatten. So sieht das Küstenörtchen Atrani statt malerisch eher maliziös aus.
Fabelhafte Besetzung, Action-Helden-Potenzial bei Andrew Scott
Johnny Flynn spielt "Dickie", Dakota Fanning dessen reservierte und eifersüchtige Freundin Marge und auch die Nebenfiguren sind durch die Bank gut besetzt. Brillant ist aber vor allem Andrew Scott, der als Ripley nicht nur wieder seine sensationellen Schauspielkünste, sondern auch sein Action-Helden-Potenzial zeigt, zumindest in einer Folge.
Natürlich, so berichtete der Ire neulich in einem Interview, fasziniere die Figur des Tom Ripley bis heute das Publikum, weil er so mysteriös und undurchschaubar sei. Die Dreharbeiten seien auch physisch sehr anstrengend gewesen, so Scott und hätten viel Durchhaltevermögen gefordert. Aber natürlich habe er diese außergewöhnliche schauspielerische Herausforderung sofort mit Feuer und Eifer angenommen. Scott gelingt das Kunststück, selbst mit einem Lächeln großes Unwohlsein bei uns Zuschauenden auszulösen.
Der Roman "Ripley" ist übrigens am 20. März bei Diogenes neu verlegt worden. Der irische Schauspieler Andrew Scott ist aktuell im Kino zu sehen, im Drama "All of us Strangers". Neben Scott, Flynn und Fanning gehören zur Besetzung: Eliot Sumner, Maurizio Lombardi, Margherita Buy, John Malkovich und Kenneth Lonergan.