Autismus, Kunst und Kultur: Verein hilft Betroffenen
Der Verein akku e.V. in Hamburg hat sich zur Aufgabe gemacht, Arbeiten von autistischen Künstlerinnen und Künstlern vor allem durch Ausstellungen zu vermitteln. Ein Gespräch mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Herbert Schwaab.
Grob geschätzt leben in Deutschland circa eine Million Menschen mit Diagnosen im Autismus-Spektrum. Viele von den Betroffenen betätigen sich künstlerisch. Ein Gespräch dazu mit dem stellvertretenden Vorsitzender des Vereins akku e.V. in Hamburg, Herbert Schwaab. Der Wissenschaftler forscht unter anderem an der Uni Regensburg zum Thema "Kunst von Menschen mit Autismus".
Gibt es Unterschiede zwischen Kunst von Menschen mit Autismus und von Kunst von Menschen ohne Autismus?
Herbert Schwaab: Es ist schwer zu beantworten, ob es da grundsätzlich Unterschiede gibt, weil die Kunst von Autisten und Autistinnen sehr vielfältig ist. Was man aber spürt, sind wiederkehrende Themen: ein Interesse für Wiederholungen und irgendwie so eigene Welten aufzubauen. Das ist zum Teil auch was, was viele Arten von Kunst auszeichnet, aber bei Kunst von Autistinnen häufiger stattfindet, dass sie künstlerische Systeme des Ausdrucks entwickeln, die so sehr eigenständig sind.
Sind Menschen mit Autismus allgemein kreativer?
Schwaab: Es ist sehr unterschiedlich, weil ja Autist*innen in der Möglichkeit zu kommunizieren und zu handeln auch sehr unterschiedlich sind. Aber es ist erstaunlich, wie viele Autisten kreativ sind, die aus sich heraus basteln, malen, zeichnen oder Kunst machen. Auch wenn man nicht weiß, woher der Input dafür kommt.
Um im Kunstbetrieb Fuß zu fassen, ist Kommunikation ganz wichtig, oder auf andere Menschen zugehen. Das ist ja das, was Autistinnen und Autisten oft schwerfällt.
Schwaab: Ja, auf jeden Fall. Das ist auch ein großes Problem. Gerade für Künstlerinnen und Künstler die aus dem Spektrum Asperger-Autismus stammen. Manche von denen haben auch akademische Ausbildungen und beschreiben das schon als ein großes Problem, dass sie, um eine Vernissage zu machen oder um irgendwo Erfolg zu haben, ihnen diese Fähigkeiten fehlen. Andere Künstler und Künstlerinnen sprechen gar nicht, das hat man bei Autismus oft. Das heißt, dass andere im Grunde genommen für sie dann sprechen müssen oder versuchen müssen, das zu organisieren. Da gibt es viele Menschen aus dem Umfeld, die das dann tun. Es gibt auch wirklich erstaunliche Künstler und Künstlerin, die noch wie ein Wort gesprochen haben, aber trotzdem mit ihrer Kunst so überzeugend sind, dass sie Menschen finden, die das dann ausstellen wollen und sie dann darüber halt auch sprechen können.
Und da kommt ihr Verein vor allem ins Spiel ...
Schwaab: ... genau. Das ist ein Ziel des Vereins akku - Autismus, Kunst und Kultur - das Umfeld und die Kontexte zu schaffen, dass so etwas ausgestellt wird. Entweder dass wir helfen, selbst Ausstellungen zu organisieren - mit unterschiedlichen Partnern oder dass wir vermitteln, dass Ausstellungen gemacht werden.
Was müsste aus ihrer Sicht passieren, damit Menschen mit Autismus mehr in den Kulturbetrieb integriert werden?
Schwaab: Man muss sehr viel vermittelnd eingreifen, Umfelder organisieren und vor allem auch, wenn die künstlerische Produktion so stark ist, ja fast schon professionell, dass auch Möglichkeiten geschaffen werden, dass sie auch damit was verdienen. Nicht nur Anerkennung gewinnen, sondern auch zu ihrem Unterhalt beitragen können. Da gibt es auch schon einige Einrichtungen, die explizit auf der Suche sind, Künstlerinnen und Künstler so zu fördern, dass es finanziell auch was bringt.
Das Interview führte Philipp Schmid.