Brosda: "Jüdische Stadtgeschichte mit eigenem Museum würdigen"
Kultursenator Carsten Brosda wünscht sich ein jüdisches Museum für Hamburg. Während der Sanierung des Museums für Hamburgische Geschichte ist bereits eine temporäre Ausstellung an einem anderen Ort konkret in Planung.
In Hamburg fehle ein Ort, an dem die facettenreiche jüdische Geschichte der Stadt dauerhaft und sorgfältig erzählt wird, sagt Kultursenator Carsten Brosda NDR 90,3. Er nennt als Beispiel Lebenswege wie die des Bankiers und Wohltäters Salomon Heine, des Kunsthistorikers Aby Warburg oder des Reeders Albert Ballin sowie die Erinnerung an die Einwanderung sephardischer Juden und die Entstehung des liberalen Judentums, die maßgeblich auf eine Gemeindegründung in Hamburg zurückgeht. "Ich halte es für wichtig, dass wir diese Lücke schließen und ein jüdisches Museum in den Blick nehmen, weil es hier um mehr geht als um eine stadthistorische Darstellung", sagt Brosda.
Jüdisches Leben auch Thema im Museum für Hamburgische Geschichte
Neu angestoßen wird die Diskussion jetzt mit den aktuellen Plänen für die komplette Neugestaltung des Museums für Hamburgische Geschichte. Das Haus wird gerade für mehr als 100 Millionen Euro saniert und will danach die Stadtgeschichte aus einem Guss erzählen. Eine eigene jüdische Abteilung ist dabei nicht vorgesehen. Stattdessen bemüht sich das Museum gemeinsam mit einem Experten-Gremium gerade darum, die jüdischen Facetten in den neuen Museumsrundgang einzubinden. Dann gebe es endlich eine stadtgeschichtliche Darstellung, in der Jüdinnen und Juden ein integraler Bestandteil der Erzählung sind, sagt Brosda. "In der bisherigen Dauerausstellung konnte man ja das Gefühl bekommen, dass niemals Juden in Hamburg gelebt haben." Brosda hält das Thema aber für so bedeutsam, dass man es auch mit einem eigenen Museum würdigen sollte.
Pläne für Sonderausstellung über jüdisches Leben
Das Museum für Hamburgische Geschichte ist derzeit für die Sanierung geschlossen, leergeräumt und wird frühestens in vier Jahren wiedereröffnet. Laut Brosda gibt es Überlegungen, die beiden bisherigen Räume mit jüdischer Thematik während des Umbaus an anderer Stelle erneuert zugänglich zu machen, "weil wir gerade angesichts des Antisemitismus in unserer Gesellschaft Orte brauchen, an denen wir Wissen über jüdische Kultur vermitteln."
Die Pläne für diese temporäre Ausstellung sind offenbar sehr konkret. "Das wird kommen", bekräftigt der Kultursenator. Zeit, Ort und Umfang sollen in den kommenden Monaten bekannt gegeben werden. Brosda rechnet damit, dass man allerdings erfahrungsgemäß einen längeren Atem brauchen werde, um Politik und Stadtgesellschaft von einem dauerhaften neuen Museum zu überzeugen. "Ich möchte das Gespräch darüber beginnen", sagt der Senator im Interview mit NDR 90,3.
Positive Reaktionen aus der jüdischen Gemeinde
Sonja Lahnstein, die sich seit Jahren für jüdische Belange in Hamburg stark macht, freut sich, dass der Kultursenator die Idee für ein solches Museum aufgreift, denn: "Es gibt 30 jüdische Museen in Deutschland und in Hamburg nichts. Das war eine Blamage. Was es gab, war die veraltete Abteilung 'Juden in Hamburg' im Museum für Hamburgische Geschichte, die aber so nicht weiter existieren soll."
Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzky hätte auch schon eine Idee, wo man so ein Museum ansiedeln könnte, nämlich in der Louise-Schroeder-Straße, am 400 Jahre alten jüdischen Friedhof in Altona. Museum und jüdischer Friedhof - solche Konzepte gibt es schon in Krakau und Prag sehr erfolgreich, sagt er. "Damit werden wir ganz viele Besucher anlocken. Sie kommen ins Museum rein und bekommen eine Tour über den 400 Jahre alten Friedhof. Das ist eine Attraktion, die es sonst nicht in Hamburg gibt. Da sieht man Geschichte live vor Ort", sagt der Rabbiner.