Stand: 25.04.2016 21:37 Uhr

"Hitler war häufiger in Hamburg als bekannt"

Adolf Hitler bei einem Besuch in Hamburg, zusammen mit Reichsstatthalter Karl Kaufmann (rechts) © NDR/ Staatsarchiv Hamburg
Wahlkampf, Urlaub oder Staatsakt: Adolf Hitlers Besuche in Hamburg haben vielfältige Gründe gehabt - hier ist Reichsstatthalter Karl Kaufmann an seiner Seite.

Mal reiste Adolf Hitler im Auto mit Chauffeur nach Hamburg, mal stieg er am Bahnhof Dammtor aus dem "Führerzug" - oder er landete bei stürmischem Wetter nach Mitternacht auf dem Flughafen Fuhlsbüttel. Jeder Besuch des "Führers" in der Hansestadt verlief anders. Buchautor Harald Sandner kennt alle Einzelheiten. Mehr als 25 Jahre lang hat der Coburger erforscht, wo Hitler jeden einzelnen seiner Lebenstage verbrachte. Am Montag ist sein vierbändiges Werk "Hitler - Das Itinerar" in Berlin der Weltöffentlichkeit vorgestellt worden.

An 75 Tagen in Hamburg

Auch Hitlers Abstecher nach Hamburg sind detailliert aufgeführt. "An 75 Tagen hielt sich Hitler in Hamburg auf", erzählt Sandner im Gespräch mit NDR.de. Somit sei Hitler häufiger in der Stadt gewesen als bekannt. Bisher hieß es, er habe Hamburg 33 Mal besucht. "Diese Zahl ist zu niedrig", meint Sandner. Die neuen Zahlen bestätigten auch, dass die Legende, Hitler habe Hamburg nicht gemocht, nicht aufrechtzuerhalten sei. "Das war einfach eine Schutzbehauptung nach 1945", so der Buchautor.

Erster Besuch im Februar 1926

Das Hotel Phönix am Hamburger Hauptbahnhof © NDR.de Foto: Marc-Oliver Rehrmann
Bei seinem ersten Hamburg-Besuch im Frühjahr 1926 stieg Adolf Hitler im Hotel Phönix am Hauptbahnhof ab - und übernachtete in den Folgejahren wiederholt dort.

Am 26. Februar 1926 kommt Hitler demnach zum ersten Mal nach Hamburg. Er quartiert sich im Hotel Phönix auf der Rückseite des Hauptbahnhofs ein, in der Kirchenallee 56. Grund für seine Reise ist eine Einladung vom Hamburger Nationalclub von 1919 - einem rechtskonservativen Herrenclub, dem unter anderem Unternehmer, Kaufleute, Bankiers und Offiziere angehören. Das Treffen findet am 28. Februar im Hotel Atlantic statt. Begrüßt wird Hitler mit den Worten: "Sein mannhaftes Eintreten für seine Überzeugung hat ihm in den weitesten Kreisen Achtung, Verehrung und Bewunderung eingetragen. Wir freuen uns sehr, dass er heute Abend zu uns gekommen ist." 1930 hielt Hitler erneut eine Rede vor dem Klub - vor rund 500 Zuhörern.

Nicht immer kommt Hitler als Politiker oder Redner. Vom 15. bis 23. Juli 1928 hält er sich für einen Privatbesuch in der Stadt auf - zusammen mit seiner Halbschwester Angela Raubal und ihrer Tochter sowie Joseph Goebbels. Von Hamburg aus starten sie auch einen Ausflug nach Helgoland.

NSDAP: Erst 1931 in Hamburg stark

Die Ergebnisse der NSDAP bei den Bürgerschaftswahlen in Hamburg:
1927: 1,5 Prozent/ 2 Sitze
1928: 2,15 Prozent/ 3 Sitze
1931: 26,25 Prozent/ 43 Sitze
1932: 31,23 Prozent/ 51 Sitze

Ringen um die Gunst der Wähler

"Hamburg diente Hitler 1928 auch als Basis für den Wahlkampf in den umliegenden Regionen", weiß Sandner. Die NSDAP kann in der Hansestadt zunächst nicht recht Fuß fassen. Bei der Bürgerschaftswahl 1927 erreicht Hitlers Partei nur 1,5 Prozent der Stimmen. Die NSDAP-Parteizentrale ist damals glanzlos. Sie befindet sich 1926 im hinteren Teil des Zigarrengeschäfts, das der damalige Gauleiter Josef Klant in der Grindelallee führte. Die Einrichtung besteht - laut den Erinnerungen des späteren Gauleiters Albert Krebs - "aus ein oder zwei Karteikästen, einer Zigarrenkiste als Kasse, einem Wandbord mit alten Flugblättern und vergilbten Werbenummern des 'Völkischen Beobachters'". Erst Anfang der 30er-Jahre gewinnen die Nationalsozialisten in Hamburg an Zulauf.

Jubeln die Hamburger Hitler zu?

Adolf Hitler am 5. Mai 1937 auf dem Weg zur Taufkanzel in Begleitung von Robert Ley und Blohm junior. © picture-alliance / akg-images Foto: akg-images
Diese Bild zeigt Hitler, als er 1937 in Hamburg den Stapellauf der "Wilhelm Gustloff" verfolgt.

Auch nach der Ernennung zum Reichskanzler im Januar 1933 reist Hitler immer wieder nach Hamburg - nun aber unter ganz anderen Vorzeichen. Der erste offizielle Staatsbesuch steht am 17. August 1934 an - zwei Tage vor einer wichtigen Volksabstimmung: Reichspräsident Hindenburg ist kurz zuvor gestorben. Hitler will sich nun die Zusammenlegung der Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten auf seine Person bestätigen lassen. Die Nazigrößen im Hamburger Rathaus befürchten jedoch, dass sich die Begeisterung in der Bevölkerung bei Hitlers Besuch in Grenzen hält - zumal die wirtschaftliche Lage der Hafenstadt nicht rosig ist. Daher sollen sich alle Schüler der Stadt an der Fahrstrecke einfinden. Der Empfang fällt dann sehr freundlich aus: Der Jubel ist groß, als Hitler an den Menschenmengen vorbeifährt.

Das Schlachtschiff "Bismarck" beim Stapellauf am 14. Februar 1939 © picture alliance / Mary Evans Picture Library
AUDIO: 14. Februar 1939: Der Stapellauf der "Bismarck" (5 Min)

Schiffsfan Hitler

In den Folgejahren kommt Hitler vor allem, um den Stapelläufen auf der Werft Blohm + Voss im Hamburger Hafen beizuwohnen: Im Juni 1936 erfolgt der Stapellauf des Segelschulschiffs "Horst Wessel", im Mai 1937 der Stapellauf der "Wilhelm Gustloff". Im März 1938 steht die Taufe des KdF-Schiffs "Robert Ley" auf Hitlers Besuchsprogramm. Und im Februar 1939 verfolgt der Führer vor Ort den Stapellauf des Schlachtschiffs "Bismarck". "Diese Besuche in der Stadt wurden regelrecht zelebriert und dienten Propagandazwecken", sagt Sandner.

"Hamburg hat etwas Amerikanisches"

Ein Modell der Elbufer-Planung von Konstanty Gutschow © Hamburgisches Architekturarchiv, Bestand: Konstanty Gutschow
Mit seinen Architektur-Plänen für Hamburg wollte Hitler die amerikanischen Großstädte übertreffen.

Hitler hat zu dieser Zeit große Pläne für Hamburg. Die Stadt soll entlang der Elbe ein völlig neues Gesicht erhalten - unter anderem mit einer riesigen Brücke und einem 250 Meter hohes "Gauhochhaus" in Altona. "Hamburg hat etwas Amerikanisches", soll Hitler 1936 bei einer Bootsfahrt im Hafen gesagt haben. Um den richtigen Mann für die umfangreichen Planungen zu gewinnen, lässt Hitler einen Wettbewerb ausrichten. Vier Architekten sind eingeladen. Am besten gefallen der Jury die Ideen des gebürtigen Hamburgers Konstanty Gutschow, der ab dem 1. April 1939 den Titel "Architekt des Elbufers" tragen darf. Hitler lässt sich in der Folgezeit die Architektur-Modelle sogar auf den Obersalzberg bringen, aber die Pläne werden im Zweiten Weltkrieg nicht verwirklicht.

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 27.01.2013 | 19:30 Uhr

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