"Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war": Gelungene Verfilmung
Was Joachim Meyerhoff aus seinem Leben zu erzählen hat, ist wirklich schräg! Die Verfilmung seines Bestsellers "Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war" von Sonja Heiss läuft mit Erfolg im Kino.
Joachim Meyerhoff verfilmen? - Eine Herausforderung, wenn man bedenkt, dass seine Bücher von der Fabulierlust dieses begnadeten Anekdotenerzählers und -ausschmückers leben. Um so erstaunlicher, dass Regisseurin und Drehbuchautorin Sonja Heiss ganz ohne diese Erzählerstimme auskommt.
Sie hat das gleichnamige Buch nach Bildern durchforstet, die sie im Film nun für sich sprechen lässt: Klein-Joachim auf der schleudernden Waschmaschine zum Beispiel - die einzige Art, ihn zu beruhigen, wenn er einen seiner gefürchteten Tobsuchtsanfälle hat.
Erwachsenwerden in einer sehr ungewöhnlichen Welt
Der dreigeteilte Film beginnt mit der Kindheit des Protagonisten in den 70er-Jahren. Noch lebt Josse, der mit Eltern und zwei Brüdern die Direktorenvilla der Schleswiger Kinder- und Jugendpsychiatrie bewohnt, völlig im Einklang mit seiner Familie und seiner Umgebung. Von Patienten mit seltsamen Ticks umgeben zu sein, ist für ihn das Normalste der Welt. Und die Eltern, gespielt von Devid Striesow und Laura Tonke, haben eine gute Art, auf die Bedürfnisse ihres oft untergebutterten Jüngsten einzugehen.
"Hast du nicht heute bis eins Schule?"
"Ne, aber ich hab' einen Toten gefunden!"
"Du hast was?"
"Einen Toten gefunden."
"Wirklich? Wo denn?"
"Hinter der Hecke, die war noch nicht fertig geschnitten."
"Das freut mich aber jetzt für dich, Muckel, dass du deinen großen Brüdern auch mal was voraus hast. Bist du stolz?"
"Ja."
Filmszene
Mit den anbrechenden Teenager-Jahren wechselt der junge Hauptdarsteller, und Josse beginnt Vater und Mutter nun kritischer zu betrachten. Er registriert, wie ihre Betten auseinandergerückt werden, wie der Vater seinen prallen Bauch in rosa Hemden quetscht und damit das Misstrauen der Mutter weckt. Wie sie sich ihrerseits in Italien-Träumen verliert, in denen der Vater keinen Platz hat.
Gefangen im norddeutsch-kühlen Schleswig, holt sich die Mutter den italienischen Sommer musikalisch ins Haus - singend und tanzend. Und auch viele andere Episoden des Buchs übersetzt Regisseurin Heiss geschickt in Bilder, aus denen sich das Mosaik einer Kindheit und Jugend ergibt - aber auch eine Familienaufstellung. "Es geht ums Erwachsenwerden unter komplett anderen Bedingungen, in einer sehr ungewöhnlichen Welt", erklärt Heiss. "Es geht aber auch sehr stark um Familie. Wie kann eine Familie funktionieren - auch wenn sie nicht funktioniert?"
"Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war": Skurrile Komödie mit tragischen Untertönen
Der Grundton im Film ist komisch, aber tragische Untertöne schwingen immerzu mit. Etwa, wenn die lebensmüde Marlene eine Zeit lang bei den Meyerhoffs wohnt.
"Was hast du eigentlich, Marlene?"
"Ich hab versucht, mich umzubringen."
"Oh, echt? Und warum?"
"Weiß nicht. Deswegen bin ich ja hier."
"Und wie hast du das probiert?"
"Tabletten geschluckt."
"Wie viele denn?"
"40 oder so."
"Ja, das ist schon viel."
"Aber nicht genug."
"Ja, oder die falschen."
Filmszene
Auch im Umgang mit den Handicaps der Klinik-Patienten beweist die Regisseurin ein gutes Händchen. Sie fand ihre Darsteller und Darstellerinnen in Wohngruppen und einer Theatergruppe für Menschen mit Behinderung: "Da hatte ich wahnsinnig tolle Begegnungen", erzählt Heiss. "Diese Begegnungen haben auch das Drehbuch beeinflusst. Ich habe nicht eins zu eins das genommen, was da stand, und diesen Menschen übergestülpt, sondern das auch genommen, was sie mitgebracht haben."
Es macht Freude, nun auch im Film einzutauchen in Meyerhoffs liebenswert-skurril gezeichneten Mikrokosmos und herzlich zu lachen.
Sonja Heiss: "Die Leute lachen viel und sind berührt, es wird auch geweint"
Auf der Berlinale feierte der Film Weltpremiere in der Reihe "Generation 14plus" mit einem hellauf begeisterten Publikum.
"Es war ein wahnsinnig toller Abend, der Film kam wirklich sehr gut an. Die Leute hatten Spaß, haben viel gelacht und waren sehr berührt, es wurde mitunter auch geweint." Man reflektiere bei so einem Film über die eigene Familie, das sei das Schöne, sagte die Regisseurin Sonja Hess im Gespräch mit NDR Kultur auf dem Hamburger Empfang der Moin Filmförderung der Berlinale.
Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war
- Genre:
- Drama | Komödie
- Produktionsjahr:
- 2022
- Produktionsland:
- Deutschland
- Zusatzinfo:
- Mit Laura Tonke, Devid Striesow, Axel Milberg u.a.
- Regie:
- Sonja Heiss
- Länge:
- 116 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahre
- Kinostart:
- 23. Februar 2023