Porträtaufnahme von Klaus Maria Brandauer. © Nik Hunger
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AUDIO: "Mein Alter sagt mir nichts": Klaus Maria Brandauer im Gespräch (26 Min)

Klaus Maria Brandauer ist 80: "Mein Alter sagt mir nichts"

Stand: 02.07.2023 10:01 Uhr

Der Österreicher Klaus Maria Brandauer zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Schauspielern. Am Donnerstag ist er 80 geworden. NDR Kultur hat mit ihm über seinen Geburtstag gesprochen.

Im Interview mit NDR Kultur spricht Klaus Maria Brandauer über seine Anfänge, künstlerische Freiheit und Mozart. Rund um seinen 80. Geburtstag war er Juni mit Mozarts Briefen auf musikalische Lesereise durch Norddeutschland. Am 1. Juli las er bei den Festspielen MV in Redefin.

Julia Westlake hat im April mit Klaus Maria Brandauer über seine beruflichen Anfänge, über das Ringen um künstlerische Freiheit und über die erste unfreiwillige Auseinandersetzung mit Wolfgang Amadeus Mozart gesprochen. Einen Auszug aus dem vor den Lesungen und den Auftritt bei den Festspielen MV geführte Interview lesen Sie hier. Das 30-minütige Gespräch ist in der ARD Audiothek oder als Podcast hören.

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Sie kommen im Juni mit Mozart in den Norden und lesen aus Mozarts Briefen. Dazu gibt es Musik, gespielt vom Hamburger Pianisten Sebastian Knauer. Das Ganze ist als Jubiläumstournee angekündigt: 80 Jahre - Klaus Maria Brandauer. Warum haben Sie gesagt, für diese besondere Jubiläumstournee passt Mozart perfekt?

Klaus Maria Brandauer: Ich freue mich, dass Sebastian Knauer und ich wieder zusammen arbeiten können. Wir haben uns schon einige Male mit Mozart beschäftigt und werden das auch wieder machen. Das ist eine große Herausforderung, weil wir uns beide erinnern, wie wir aufgewachsen sind, wer uns zugehört hat, wer uns geholfen hat und wer einen begeistert hat. Für mich kann ich sagen, dass meine Mutter eines Tages wahrgenommen hat, dass ich nicht der Beste in der Schule bin und nicht sehr aufmerksam war. Sie hat mir ein Buch gebracht, das ich lesen sollte. Es war wirklich ein solches Ärgernis für mich. In dem Buch ging es um einen Menschen, der mit seinem Vater und seiner Schwester in ganz Europa Musik gemacht hat und damit riesige Erfolge eingeheimst hat. Irgendwie merkte ich, meine Mutter will mir zu verstehen geben, ich wäre nicht so weit. Eigentlich soll ich es nicht sagen, aber ich habe diesen Mozart gehasst. Dabei ist es nicht geblieben.

Sie haben gesagt, dass man sich als Schauspieler in verschiedene schwere Situation begeben muss. Das ist nicht immer alles nur angenehm und schön. Wie hilft Ihnen die Familie? Wie hilft es Ihnen, ein ganz klares Gefühl für Heimat zu haben, um sich zu schützen, auch vor diesen Untiefen, in die Sie ab und zu rein müssen?

Brandauer: Indem man nicht vergisst, woher man kommt und wer einem dort wichtig ist. Der Beruf und die Karriere machen sich eigentlich selbständig. In meinem Fall war es einfach: Ununterbrochen sich in jeder Hinsicht weiterzubilden und dann irgendwann wird klar, dass man im Dienst steht, im Dienst einer richtig großen Sache. Das will ich jetzt nicht übertreiben oder falsch benennen. Wir sind auf der Welt und lernen etwas, mit dem man andere unterstützen kann. Das sind nicht nur Schauspieler, Sänger oder Künstler, das sind wir alle. Alle, die wir da leben, sind aufgerufen uns was beizubringen, zu helfen und zu unterstützen. Das mache ich, wenn ich in ein Theater gehe und eine Rolle spiele, die ich schon oft gespielt habe, aber auch eine, die neu ist. Dann habe ich immer dieses Gefühl: Das muss ich heute unter die Leute bringen. Wie bekomme ich das hin? Und das hört nicht auf.

In diesem Jahr feiern Sie 60 Jahre Bühne, 60 Jahre Schauspiel. Gucken Sie sich eigentlich ihre alten Filme manchmal noch an?

Brandauer: Eigentlich nicht. Ein paar Freunde habe ich, die immer sagen: "Bei dir ist es so angenehm. Du kommst nicht und zeigst uns deine alten Filme oder dieses und jenes." Ich weiß genau, was ich gemacht habe. Ich bin auf einige Dinge im Geheimen ziemlich stolz und belästige damit hoffentlich niemanden. Wenn jemand unbedingt will und mich fragt: "Du, sag mal, hast du den Film noch?" Dann zeige ich halt etwas. Ich habe davon nichts, weil ich kann mich bei all diesen Dingen, die ich gemacht habe, bis fast auf den Tag genau erinnern, was wir dort gemacht haben, worüber wir geredet haben und was miteinander passiert ist.

Sie sagen, Sie können sich an alles erinnern, weil Sie natürlich auch emotional beteiligt waren. Gerade wird groß über Künstliche Intelligenz diskutiert. Ob diese Drehbücher schreiben kann? Was glauben Sie? Können Algorithmen Bühnenprogramme entwickeln, und würden Sie sie dann ausführen?

Brandauer: Dass das möglich ist und sich Leute einbilden, dass das die Zukunft sein kann. Ich kann es mir im Moment gar nicht vorstellen. Ich weiß, dass es verblüffende Ergebnisse gibt. Wenn ich jetzt jung wäre, würde ich ein bisschen Angst vor der Zeit haben, die vor mir liegt. Ich weiß nicht, wie es mit den heutigen jungen Leuten ist. Ich bin gar nicht skeptisch und habe da auch nichts dagegen. Aber ich zweifle, dass es mich bereichert.

Am 22. Juni 2023 haben Sie Ihren 80. Geburtstag gefeiert. Es scheint mir aber, als wäre das für Sie kein Datum von Bedeutung, oder?

Brandauer: Nein, wenn ich meine gleichaltrigen Freunde treffe, dann reden wir und sagen: "So ein alter Knabe". Aber ich muss gar nichts dagegen tun. Ich muss das nicht verhindern wollen, weil es sagt mir nicht viel. Mein Gesundheitszustand an sich, sagt mir etwas. Ich glaube, ich bin noch gut beieinander. Wenn ich vieles gemacht habe und noch nicht müde geworden bin - das begeistert mich. Das bedeutet, es kann weitergehen. Mittlerweile machen es uns so viele Menschen vor, die werden alle älter und älter und älter.

Das ist doch prachtvoll - 60 oder 80 ist noch nichts. Es geht vorwärts. Aber man muss sich deshalb nicht verbissen anstrengen und Gesundheitsideen dazunehmen. Das Leben muss gelebt werden - und zwar von einem höchstpersönlich, selbst mit möglichst immer weniger Ratschlägen von anderen. Wir brauchen Ratschläge, ganz gewiss, aber irgendwann muss man sagen: "Herrschaftszeiten, das ist mein Leben und ich mache dieses und jenes". Wenn es sein muss, spiele ich auch mit 91 noch einmal den König Lear - und es ist mir wurscht wo.

Die Fragen stellte Julia Westlake. Das vollständige 30-minütige Gespräch können Sie auch als Podcast hören.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Das Gespräch | 02.04.2023 | 13:00 Uhr

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