"Der Weg zur Hölle": Verstörendes Theater über Missbrauch in der Kirche
Die Wahrheit aushalten und weitertragen: Das Theater für Niedersachsen zeigt das Stück "der weg zur hölle ist mit guten absichten gepflastert" noch bis Ende Juni an unterschiedlichen Orten in Niedersachsen.
Der Theaterabend beginnt mit einer Warnung im Programmheft: "In diesem Theaterstück werden körperliche, seelische und sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen durch Täter:innen aus dem kirchlichen Kontext sowie deren Folgen thematisiert." Berichte von Betroffenen werden vorgetragen von einem siebenköpfigen Ensemble, Männer, Frauen, in wechselnden Rollen, schwarz gekleidet.
Kaum auszuhalten ist das, was da erzählt wird. Die Beschreibungen sind grauenvoll, verstörend. Hinzu kommen die bekannten Ergebnisse der Studien, die von der katholischen und der evangelischen Kirche in Deutschland in Auftrag gegeben wurden und die belegen, wie Täter systematisch gedeckt wurden. Und mit welcher Arroganz und Respektlosigkeit die Betroffenen abgewatscht werden.
Dokumentartheater, das weh tut
Absurd und abscheulich - Dokumentartheater, das weh tut. Die Kieler Regisseurin Ayla Yeginer hat sich mit Studierenden der Uni Hildesheim auf die Suche nach Antworten gemacht. In Zusammenarbeit mit Betroffenen ist ein Theaterabend entstanden, basierend auf etlichen Berichten, Dokumenten und Artikeln.
Viele Zuschauerinnen und Zuschauer bezeichnen das Stück als schwere Kost, finden es aber "wichtig, das auch so zu thematisieren und in die breite Öffentlichkeit zu tragen, um das auch wirklich bewusst zu machen." Alle eint das Entsetzen und die Erkenntnis, dass das Thema noch lange nachhallen wird. Wer Gesprächsbedarf hat, kann sich im Foyer an die Betroffenenstelle Hildesheim wenden und an Leuchtzeichen, eine spezialisierte Fachberatungsstelle, die unabhängig von der Kirche arbeitet.
Große Herausforderung für SchauspielerInnen
Die Theatermacherinnen und Theatermacher wissen um die Wucht des Abends. Auch für sie ist der Stoff schwer verdaulich. "Sechs Wochen Proben und sich jeden Tag mit diesen Texten beschäftigten, zuhause sitzen, die auswendig lernen, immer und immer wieder, das war eine große Herausforderung", erzählt Schauspieler Martin Schwartengräber. "Es war aber klar, dass man nicht so tun kann, als seien wir Betroffene. Das hat dazu geführt, dass wir versucht haben, uns als Schauspieler sehr zurückzunehmen: Die Geschichten in den Vordergrund zu stellen."
Bloß keine Figuren entwickeln, bloß nicht spielen wollen. Dafür gibt es im Stück Platz für persönliche Gefühle, sagt Martin Schwartengräber: "Die Wut, die ich hatte, als ich angefangen habe, mich mit diesem Thema zu beschäftigen."
Wenige szenische Passagen: Petrus und der Teufel streiten
Einige szenische Passagen gibt es dann doch. Zum Beispiel entspinnt sich eine Diskussion zwischen Journalistin, Jurist, Wissenschaftlerin und Politiker. Erst später setzt sich ein Betroffener dazu - kommt allerdings kaum zu Wort. Oder Petrus streitet sich mit dem Teufel darum, wer die Täter - die Priester, Diakone und Ordensbrüder - nach ihrem Tod aufnehmen muss. Sie sind ja doch Geweihte Gottes.
Betroffener eröffnet den Abend
Dem Stück ist eine ausführliche Recherche von Regisseurin Ayla Yeginer und Studierenden der Uni Hildesheim vorausgegangen. Vor allem haben sie den Betroffenen und Co-Betroffenen, also Ehefrauen, Kindern, Eltern und Freunden zugehört. Im Stück wird Raum geschaffen für ihre Erlebnisse. Mit Karl Haucke eröffnet ein Betroffener sogar den Abend und erzählt von seinen erschütternden Erlebnissen. Das Publikum ist aufgefordert, die Wahrheit auszuhalten, sie weiterzutragen, laut zu werden. Ein dringender, so wichtiger Appell.
Am Freitag, 12. April, wird das Stück im Stadttheater Hildesheim aufgeführt (19.30 Uhr). Im Vorfeld findet ab 18 Uhr eine Podiumsdiskussion mit Ayla Yeginer (Regisseurin und Autorin), Karl Haucke (Co-Autor und Betroffener), Jens Windel (Betroffeneninitative Hildesheim), Dr. Thomas Scharf-Wrede (Leiter Bistumsarchiv), Caroline Harnack (Umsteuern e.V.) und Emily Helmedag (Co-Autorin) im f1 des Stadttheaters Hildesheim statt.
"Der Weg zur Hölle": Verstörendes Theater über Missbrauch in der Kirche
Dokumentartheater, das weh tut: Das Stück des Theaters für Niedersachsen basiert auf Berichten von Betroffenen. Es gastiert an verschiedenen Orten.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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verschiedene Orte in Niedersachsen
- Hinweis:
- Mi, 10.04.2024 19:00 Uhr | Buxtehude
Fr, 12.04.2024 19:30 Uhr | Hildesheim
Mi, 17.04.2024 19:30 Uhr | Wolfenbüttel
Mi, 24.04.2024 19:30 Uhr | Gronau
Fr, 03.05.2024 19:30 Uhr | Hildesheim
Di, 14.05.2024 20:00 Uhr | Nienburg
Mo, 17.06.2024 19:30 Uhr | Hildesheim
Do, 27.06.2024 19:30 Uhr | Hildesheim