"Was war und was wird" in Hamburg: Ein Abend über die Zeit
Die Hamburger Kammerspiele sind mit einem lebensechten Dialogstück über das Vergehen der Zeit in die neue Spielzeit gestartet. "Was war und was wird" ist eine Uraufführung des meistgespielten Dramatiker-Duos im deutschsprachigen Raum, Lutz Hübner und Sarah Nemitz.
Dieser Theaterabend ist ein Ereignis. Man staunt, schüttelt mit dem Kopf, ist berührt und wird nachdenklich. Da tauchen Anke und Theo auf wie aus Harvestehude reingeweht und pressen sich an der ersten Reihe vorbei. Sie suchen nach ihrem Platz, vor Beginn der Premiere - und finden ihn auf der Bühne, vor dem Vorhang. Sie setzen sich mit den Gesichtern zum Publikum und beginnen, sich zu streiten, Programmheft in der Hand.
Anke: Mach mich nachher nicht verantwortlich, wenn wir ein Knöllchen kriegen. Und kannst du bitte das Ding nicht durchkneten, ich würde das gern noch lesen.
Theo: Wir schmeißen es hinterher doch sowieso weg!
Szene aus "Was war und was wird"
"Was war uns was wird": Zeit für eine Bilanz
Das kennen wohl alle. Dieses reife Ehepaar um die 50 sieht seinem eigenen Leben zu - und wir sehen uns in ihnen wie im Spiegel. Sie beginnen, sich zu erinnern. Tauchen ein in die Zeit: Was hätte besser sein können, was ist geglückt, was war und ist absoluter Murks? Die Kinder sind fast flügge, Zeit für eine Bilanz.
Der rote Vorhang schwingt auf, wir sehen auf die Hinterbühne mit Glitzervorhang, alten Kisten und Stühlen. Eine dritte Figur - meist stumm, wundervoll souverän gespielt von Alexa Harms - hat alles im Griff, im blauen Arbeitsoverall ist sie die Macht über und hinter allem, öffnet einen Erinnerungsraum.
Lebendig und glaubhaft: Nina Kronjäger und Stephan Benson
Beide fantasieren sich in die 80er-Jahre zurück. Wie war das erste Date, hätte es sein können? Er, ein Schluffi in Parka und Palästinensertuch, sie, aufgedonnert, im Madonna-Look. Dann: die erste Schwangerschaft. Theo konfrontiert Anke: "Warum rufst du zuerst einen anderen Mann an? Wolltest du dich entscheiden, bevor ich es erfahre?"
Hier geht es um Möglichkeiten des Lebens. Das ist witzig und hat gleichzeitig diese besondere Traurigkeit, denn Zeit lässt sich nicht festhalten. Nina Kronjäger und Stephan Benson spielen dabei lebendig und glaubhaft. Beide verwandeln sich ohne Mühe in ihr jüngeres Ich: voll Spiellust, kauzig, verschmitzt, schockverliebt.
"Was wirst du machen, wenn ich nicht mehr da bin?"
Regisseur Sewan Latchinian und Dramaturgin Anja del Caro machen aus diesem lebensechten Dialogstück einen Abend über das Vergehen der Zeit. Darüber, was bleibt.
Theo: Was wirst du machen, wenn ich nicht mehr da bin?
Anke: Warum interessiert dich das?
Szene aus "Was war und was wird"
Das geht zu Herzen, bleibt nicht in der Rückschau stecken, denn die beiden gehen durch echte Krisen und wagen sogar einen Blick in die Zukunft: eine schockartige Begegnung mit dem Tod. Nur das Theater trickst die Zeit aus. Diesen Blick nach vorne, zu wissen, was kommt, will wohl kaum einer "in echt".
Der Abend tarnt sich als Ehekomödie, öffnet aber einen Tunnel durch die Zeit. Und stellt die vielleicht wichtigste Frage des Lebens:
Anke: Bleibst du bei mir?
Theo: Ja!
Szene aus "Was war und was wird"
"Was war und was wird" in Hamburg: Ein Abend über die Zeit
Die Hamburger Kammerspiele sind mit einem lebensechten Dialogstück über das Vergehen der Zeit in die Saison gestartet.
- Art:
- Bühne
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Hamburger Kammerspiele
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