Kürzungen im Bundeshaushalt: Starke Einschnitte für die Freie Kulturszene
Die Bundesregierung hat zwar den Kulturetat für 2025 von 2,15 auf 2,2 Milliarden Euro erhöht, dennoch sind Einsparungen vorgesehen. Die Förderung für das "Bündnis Internationaler Produktionshäuser" soll komplett wegfallen, dem gehört auch die Hamburger Kulturfabrik Kampnagel an.
Die Entscheidung aus Berlin hat Monika Gintersdorfer kalt erwischt. Die Regisseurin und Mitbegründerin von Performance-Gruppen wie Gintersdorfer/Klaßen oder La Fleur ist gerade für ein anderes Projekt an der Elfenbeinküste. Am Wochenende wird sie zurück nach Deutschland reisen, um am Forum Freien Theater Düsseldorf (FFT) zu inszenieren. "Das FFT gibt uns eine Residenz", erzählt die Künstlerin. "Jetzt im Sommer sind die weg und wir können ihre Probebühne und ihre Wohnung nutzen. Wenn das Stück später fertig ist, wird das an verschiedene Häuser gehen."
Jetzt aber macht sie sich Sorgen um die Zukunft. Denn dass Gintersdorfer ihr neues Projekt umsetzen und es gleich an mehreren Häusern präsentieren kann, verdankt sie auch dem "Bündnis Internationaler Produktionshäuser". Dem gehören neben dem FFT Düsseldorf auch das Hebbel Am Ufer in Berlin, das Festspielhaus Hellerau in Dresden oder auch Kampnagel in Hamburg an. Doch die Mittel für das "Bündnis Internationaler Produktionshäuser" sollen im neuen Bundeshaushalt komplett wegfallen.
An allen diesen Häusern hatte Monika Gintersdorfer schon Inszenierungen. "Diese Häuser spielen alle eine sehr wichtige Rolle, damit wir kontinuierlich arbeiten können, weil sie wissen ja, dass Künstlerinnen praktisch von Projekt zu Projekt arbeiten. Sonst ist es so, als ob man immer wieder von vorne anfängt." Das Hangeln von prekärem Projekt zu Projekt, die steten Sorgen um die Finanzierung und die der eigenen Existenz, das könnte jetzt wieder so kommen.
Trotz Zusagen von "Ausbau" nun Kürzungen
Das "Bündnis Internationaler Produktionen" steht zur Disposition und das obwohl die Ampel-Parteien die Freie Szene eigentlich stärken wollten. Im Koalitionsvertrag heißt es, der Bundeskulturfond sei ein "Innovationstreiber", der "auszubauen" sei. Und: Die Strukturen der Freien Szene und des Bündnisses der internationalen Produktionshäuser sollten "gestärkt" werden. Doch davon ist jetzt nicht mehr viel geblieben.
Um die Schuldenbremse einzuhalten, soll die Förderung im Bundeskulturfond halbiert werden. Die Mittel für das "Bündnis Internationaler Produktionshäuser" sollen sogar komplett wegfallen. Dabei waren die fünf Millionen Euro Etat - verteilt auf die sieben Häuser - sowieso schon kein besonders hoher Etat.
Betroffene Intendanten verfassen Protestnote
Die Häuser der Freien Szene sind vor allem auf Drittmittel angewiesen. Das heißt: Sie müssen immer neue Anträge schreiben, denn sie haben kein großes Budget für die Kunst. Viele Förderanträge basieren darauf, dass man nicht zweimal etwas Ähnliches beantragen dürfe.
Amelie Deuflhard, künstlerische Leiterin von Kampnagel in Hamburg, fühlt sich überrumpelt. Eine nachhaltige Förderung sicherten nur die Zuschüsse des Bundes, so Deuflhard: "Das ermöglicht uns nur das Bündnis. Aber auch die kontinuierliche Präsentationen von bestimmten sehr bekannten Künstlerinnen - etwa Florentina Holzinger, Sascha Waltz oder Monika Ginterstorfer - das sind Arbeiten, die können wir nur deswegen zeigen, weil wir in diesem Bündnis sind."
Deuflhard hat gemeinsam mit den anderen Intendanten eine Protestnote verfasst. Denn für einige der beteiligten Häuser, wie dem Festspielzentrum Hellerau in Dresden, könnte es sogar das komplette Ende bedeuten. Ein fatales Signal, gerade in diesen aufgeheizten Zeiten, findet die Theaterproduzentin: "Das würde zu einer massiven Reduktion unseres Spielplans führen", so Deuflhard. "Dass wir auch weniger von den Highlight-Produktionen machen können, die bei uns aber auch die große Halle füllen und auch das große Publikum anziehen."
Ungewissheit bei Zukunftsplanung bleibt
Für freie Künstlerinnen wie Monika Gintersdorfer sind zum Beispiel die Residenzförderungen in Gefahr. Sie hatten, gerade nach Corona, eine gewisse finanzielle Existenz gesichert, sagt Gintersdorfer. "Das trifft auch alle anderen freischaffenden Künstlerinnen. Dass denen diese Möglichkeit zu forschen, intensiver zu arbeiten und nicht in diese existenzbedrohenden Löcher zu fallen, genommen wird", meint Gintersdorf.
Für Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard ist das letzte Wort in der Sache hingegen noch nicht gesprochen. Sie hofft auf die Haushaltsberatungen im September, in denen meist noch Änderungen möglich sind. Bis dahin bleibt für freischaffende Künstlerinnen wie Monika Gintersdorfer nur die Ungewissheit, wie es mit ihren Projekten weitergeht.