Kommentar zu Zamzam Ibrahim: Einladung war ein Fehler
Der Auftritt der Aktivistin Zamzam Ibrahim in der Kulturfabrik Kampnagel stößt weiterhin auf viel Kritik. Die Klimaaktivistin war im Vorfeld durch antisemitische Ausfälle aufgefallen. Daniel Kaiser kommentiert.
Chaostage bei Kampnagel! Diese Aktivistin hätte nie eingeladen werden dürfen. Wer Israel mit Nazi-Deutschland vergleicht und den Hamas-Terror rechtfertigt, taugt nicht als Gesprächspartnerin - auch nicht in Klimafragen. Die Einladung war ein Fehler und das Krisenmanagement von Kampnagel eine Katastrophe. Am Ende wurde nur ein aufgezeichnetes Video abgespielt. Das ist das Gegenteil von Dialog und eines Kulturzentrums im Rang eines Staatstheaters unwürdig.
Gefahr: Grenzen des Sagbaren verschieben sich
Natürlich ist Amelie Deuflhard, die Kampnagel-Intendantin, keine Antisemitin. Natürlich geht es ihr aufrichtig um Dialog. Die Gefahr ist aber, dass sich die Grenzen des Sagbaren verschieben. Denn die Folge des Krieges im Nahen Osten darf nicht sein, dass wir Antisemitismus neu definieren und israelbezogenen Judenhass akzeptieren.
Es darf natürlich auch nicht sein, dass pro-palästinensische Stimmen jetzt unterdrückt, gecancelt werden. Aber ganz klar: Wenn sie von der Vernichtung Israels sprechen, Israel einseitig die Schuld geben und das Land dämonisieren und Terror rechtfertigen und feiern, dürfen sie keine Gesprächspartner sein. Mit Judenfeinden und mit Rassisten redet man nicht. Man ächtet sie.
Wir brauchen eine neue Sensibilität
Teile der Hamburger Kulturszene haben da ein Problem. Ich denke an das komplette Versagen des Präsidenten der Hochschule für bildende Künste, Martin Köttering, der die beiden Documenta-Antisemiten als Gastprofessoren hofierte, als sei das ganz normal.
Wir brauchen eine neue Sensibilität. Die Kulturbehörde muss viel genauer hinschauen, welche Projekte mit welchen Teilnehmern da eigentlich mit Steuergeld gefördert werden.
Haltung muss man auch leben
Mag sein, dass die Kulturfabrik Kampnagel, die wie kein zweites Haus weit und breit international vernetzt ist, dann Partner verliert. Aber dann ist das so. Das nennt sich Haltung. Haltung ist mehr als am Sonnabend - am Holocaust-Gedenktag - und bei der großen Demo am Sonntag - "Nie wieder" zu skandieren. Man muss es auch leben.
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