"Il Trovatore": Premiere in Hamburg mit vielen Buh-Rufen
Giuseppe Verdis Oper "Il Trovatore" in der Staatsoper Hamburg verspricht ein Fest der Stimmen, der großen Melodien und der Italien-Begeisterung. Doch während der Premiere am Sonntag gab es ein handfestes Buh-Konzert.
Da bebt der Saal. Der Grund: Auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper steht ein aufgepeitschter Männer-Mob in Abendgarderobe. Und dann wird ein Dienstmädchen auf einem Tisch vergewaltigt. Eine abstoßende, verstörende Szene – findet auch das Publikum. Von "fast frauenfeindlich" ist die Rede, ein Premierengast fragt sich, ob es zur Darstellung der Brutalität nicht bessere Stilmittel gibt. Von da an hat es die Inszenierung schwer. Nach einer Arie des Tenors Gwyn Hughes Jones, der die Titelpartie nicht immer sicher singt, hagelt es wieder Buhs, aber ungerechtfertigt.
Regisseur verlegt Handlung in spanischen Bürgerkrieg
Dabei handelt diese Oper von nichts anderem: der Gewalt an Frauen und dem Machtmissbrauch der Männer. Zwei Brüder, die sich hassen - der eine ein gewalttätiger Graf, kraftvoll gesungen von Aleksei Isaev, der andere ein Outsider, der Trovatore, ein fahrender Sänger. Beide lieben dieselbe Frau. Die Handlung wird von Regisseur Immo Karaman aus dem Mittelalter in die Zeit des spanischen Bürgerkrieges, die 30er-Jahre, verlegt. Der Schauplatz: ein alter Palast, in dem der Putz von der Wand bröckelt.
Die Welt am Vorabend zum Faschismus
Die heimliche Hauptfigur ist Azucena, deren Mutter auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde, weil sie zu den Sinti und Roma gehört. Wie Elena Maximova dieses Trauma in Gesang verwandelt, ist bewegend. Giampaolo Bisanti dirigiert mit einem Höchstmaß an Präzision und Dynamik. Die Inszenierung zeigt konsequent eine Welt am Vorabend zum Faschismus. Eine wichtige Rolle übernimmt hier der Chor, als aggressive, leicht verführbare Menge, hämisch und tödlich, quillt er durch die Palasttüren, erstarrt in filmischen Standbildern.
"Eine Inszenierung, die sicher spalten wird"
Spätestens da landet dieser rabenschwarze Abend in der Gegenwart, mit der Angst vor Diktatur, vor Krieg, vor Gewalt. Der Sopran von Guanqun Yu als von den Brüdern begehrte Leonora überstrahlt kurz alles, aber nur kurz. Heller wird der Abend nicht. Die Inszenierung ist manchmal sehr plakativ, aber ist mutig und pointiert. Zwei Gäste aus München bringen es auf den Punkt: "Unsere Meinung ist gespalten. Meine Tochter findet es modern. Eine Inszenierung, die sicher spalten wird."