Bewegende Hommage: Tim Fischer ehrt Hildegard Knef

Stand: 06.04.2025 00:01 Uhr

Für sie hat es viele rote Rosen geregnet: Hildegard Knef wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Anlass genug für den Chansonnier Tim Fischer, einen Abend über die Knef zu machen. Am Sonnabend war Pemiere am Hamburger St. Pauli Theater.

Ein an den Augen geschminkter Mann mit Schiebermütze steht vor einem Plakat, an dem ein Hildegard-Knef-Abend angekündigt wird. © NDR.de
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von Peter Helling

Tim Fischer schlendert ins St. Pauli Theater, im eleganten gestreiften Zweireiher und mit Schiebermütze, die Zigarette in der rechten Hand. Der Künstler bereitet sich auf einen besonderen Abend vor: Ein Stück über Hildegard Knef. Der Titel: "Na und!" Ganz im Sinne der Diva: "Das Credo von Hildegard Knef war so ein gewisses 'Trotzdem, Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist, na und?'. Sie hat eine zeitlose Kunst geschaffen, die uns wirklich, ja, auch gerade in diesen kruden Zeiten, wirklich viele Ansätze zum Nachdenken gibt. Der Mensch stand ganz klar bei ihr im Fokus", sagt der Sänger.

Musikalisches Wiedersehen mit der Diva

In seiner Garderobe pudert er sich ab, die Wimpern sind tiefschwarz - typisch Hildegard Knef. Für die Hamburg Premiere seines Chanson-Programms verwandelt sich Tim Fischer auch optisch in diesen Weltstar mit der rauchigen Stimme: "Das Knef-Make-up, das zeichnet sich eigentlich aus durch Wimpern natürlich, dafür steht die Knef, die hatte teilweise doppellagige, und wenn dann die Perücke drauf ist, dann wirken die Augen ganz natürlich. So sieht es eher aus wie ein Make-up von Kiss oder so."

Hildegard Knef im Film "Diplomatic Courier" (Kurier nach Triest) von 1952. © IMAGO IMAGES / Everett Collection
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Schöne Haare habe die Knef gehabt - "und jetzt hab ich sie auch", ergänzt Fischer und setzt sich eine schulterlange Perücke auf, dunkelblond, ein bisschen Seventies-Style. Schon als Kind sei er mit der Musik von Hildegard Knef in Berührung gekommen: "Über meine Nachbarin. Als ich fünf Jahre alt war, hat die zu mir gesagt, 'Tim, heute lernst du Walzer tanzen', und hat die Hildegard Knefs Schallplatte 'Eins und eins, das macht zwei' aufgelegt. Und dann hab ich Walzer gelernt mit Brigitte."

Tim Fischer: Lampenfieber wie die Knef

Auf der Bühne des St. Pauli Theaters steht der Künstler im blauen Paillettenkleid, einen hauchdünnen Schleier um die Schultern: "Sie hatte furchtbares Lampenfieber, das ist mir auch ganz erklärlich, je älter man wird, je unsicherer wird man auch, all diese Dinge. Und die haben bekanntermaßen Hildegard Knef zugesetzt", sagt Fischer und gibt zu: "Bei mir ist es leider auch so. Man will ja immer das Beste geben als Künstler." Die Knef habe schließlich auch mal gesagt: "Wer so völlig gelassen auf die Bühne geht, der hat auch eigentlich nichts zu sagen."

Hamburg und Hilde - das passt

Hamburg und Hilde, das passe gut, meint der Chansonnier. Hier habe sie schon mit Hans Albers gedreht. Fischer hat die Diva nie persönlich kennengelernt, aber nur knapp verpasst: In den 1990er-Jahren wollte sie zu einem seiner Auftritte kommen.

Und hat sich tatsächlich in einem Brief dafür entschuldigt, dass sie es nicht schaffen könne: "Weil sie sehr krank war, das hat mich endgültig umgehauen. Dass sie sich Gedanken gemacht hat, dass der Kleinkünstler Tim ja sich vielleicht gefreut hat auf ihren Besuch und jetzt traurig ist, dass der Weltstar nicht kommt. Ich finde das so großartig, dass sie ihr Gegenüber so ernst genommen hat!"

Keine Imitation, sondern eine Verbeugung

Man spürt, auf der Bühne verleiht er seiner Hilde viel von sich selbst - er imitiert nicht, er verbeugt sich vor der Knef, leiht sich nur subtil ein paar der typischen Knef-Gesten: eine weggeworfene Hand, das resolute Nicken des Kopfes, das offene Lächeln. Der Künstler bewundert die Direktheit von Hildegard Knef, ihre Schnoddrigkeit, ihre Ehrlichkeit. Eine Diva, die auch aneckte.

"Sie hat ja auch unglaublich polarisiert, die einen haben gesagt, die kann ja nicht singen, die hat keine Stimme, und andere haben sie vergöttert", beschreibt Fischer die Ambivalenz der Künstlerin. "Mein Großvater hätte gesagt, das ist eine sehr männliche Frau gewesen, und ich bin eben ein sehr weiblicher Mann, also irgendwie verschmelzen wir miteinander."

Hommage, die ans Herz geht

"Für mich soll's rote Rosen regnen" ist wohl das berühmteste Lied von Hildegard Knef. Tim Fischer singt es kraftvoll, er hebt die Arme in die Luft: eine Hymne an das Leben, an das "Trotzdem", für das die Knef stand. Schon bei der Probe wird klar, ihm gelingt eine Hommage, die ans Herz geht - augenzwinkernd, gefühlvoll und ins Leben verliebt.

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Bewegende Hommage: Tim Fischer ehrt Hildegard Knef

Hildegard Knef wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Chansonnier Tim Fischer verneigt sich im Hamburger St. Pauli Theater.

Art:
Konzert
Datum:
Ende:
Ort:
St. Pauli Theater
Spielbudenplatz 29-30
20359 Hamburg
Preis:
17 bis 44 Euro
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Hamburg Journal | 04.04.2025 | 19:30 Uhr

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