Theatermitarbeiter streiken: "Schluss mit permanenter Erreichbarkeit"
Schauspieler, Musikerinnen und Tänzer haben am Dienstag in Hannover gestreikt. Ihre Forderungen: bessere Arbeitsbedingungen und Planungssicherheit.
Rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Staatstheaters Hannover haben sich auf dem Balkon der Staatsoper im Zentrum der Stadt versammelt. "Musiker in Aktion" und "GDBA" steht auf ihren neongelben und rosafarbenen Westen - "GDBA" steht für "Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger". Auf den Papptafel fordern sie in dicken blauen und roten Lettern: "Schluss mit permanenter Erreichbarkeit".
Viele ihrer Forderungen haben mit dem Wunsch nach besser planbarer Arbeit und Freizeit zu tun, sagt die Schauspielerin Amelle Schwerk: "Sobald man Beziehungen mit Menschen hat, die nicht im Theater arbeiten, ist es unmöglich, vorauszuplanen und sich zu treffen. Ob das jetzt eine Liebes-, Familien- oder freundschaftliche Beziehung ist, es ist einfach extrem schwierig, unseren Alltag mit einem anderen Alltag zu kombinieren." Außerdem geht es den vier Gewerkschaften, die zu dem Streik aufgerufen haben, darum, fünf Stunden Ruhezeit vor einer Vorstellung zu haben. Und keiner wolle mehr zwölf Tage am Stück arbeiten, denn so sehe der Arbeitsalltag Kulturschaffender oft aus.
Forderungen nach besseren Arbeitszeiten
Schon fast drei Jahre verhandeln die Bühnen-Gewerkschaften bereits für bessere Arbeitszeiten. Nach Ansicht des Deutschen Bühnenvereins, der staatliche und private Theater und Opernhäuser in den Verhandlungen vertritt, sei man auch schon weit gekommen. "Es gibt zu keiner Forderung ein grundsätzliches Nein", sagt Verhandlungsführerin Claudia Schmitz. "Selbst die 39-Stunden-Woche für die überwiegend künstlerisch tätigen Bühnentechniker*innen bei vollem Lohnausgleich ist etwas, was wir trotz der Zeiten, in denen wir gerade unterwegs sind, bereits zugestanden haben. Von daher ist für mich tatsächlich auch dieser Streik inhaltlich nicht ganz nachvollziehbar."
Das sehen die Bühnentechniker*innen, Sänger*innen und Requisiteur*innen auf dem Balkon der Staatsoper Hannover anders. Am Ende leide auch die Kunst, wenn zum Beispiel im Stress der Endprobenzeit nicht genügend Zeit zwischen Probe und Aufführung sei, um neue Kräfte zu schöpfen, sagt Amelle Schwerk.
Erste Ergebnisse lassen hoffen
Yannick Spanier, Bass an der Staatsoper Hannover und in der Bühnengewerkschaft GDBA organisiert, freut sich über den neuen Zusammenhalt, den dieser Streik darstellt: "Die GDBA ist eine der ältesten Gewerkschaften, die wir in Deutschland haben, aber sie hat noch nie gestreikt. Das hatte bislang damit zu tun, dass wir nie die Macht hatten und dass immer auch ein bisschen Angst da war." Wenn man streike und unangenehm beim Arbeitgeber auffalle, könne es sein, dass man dann gekündigt wird oder keine Engagements mehr bekomme. "Wir können jedes Jahr gekündigt werden. Auch einer dieser Punkte auf unserer Liste, die eigentlich in einem Arbeitsverhältnis im 21. Jahrhundert nicht mehr gehen."
Für freie Künstlerinnen und Künstler, die produktionsbezogen an den Bühnen des Deutschen Bühnenvereins arbeiten, vereinbarte dieser neulich erstmals tarifliche Regelungen mit drei Bühnen-Gewerkschaften. Es wurden Sozialleistungen wie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsvergütung und Ausfallgagen geregelt. Bleibt zu hoffen, dass auch nach den Verhandlungen in Berlin die Protestplakate eingestampft werden können.
