"Spielerfrauen" am Berliner Ensemble mit Sina Martens
Spielende Frauen auf der Theaterbühne und im Stadion. Sina Martens hinterfragt im Stück "Spielerfrauen" das System Fußball. Ein Gespräch.
Sina Martens hat mit der Regisseurin Lena Brasch ein Theaterstück am Berliner Ensemble inszeniert, nicht zum ersten Mal: In der Spielzeit 2021/22 gab es das Stück "It's Britney, Bitch!", ständig ausverkauft und immer noch zu sehen am Berliner Ensemble. Jetzt heißt es: "Spielerfrauen", nicht ganz zufällig im Jahr der Fußball-Europameisterschaft 2024. Darin werden die Abgründe des Fußballs erkundet mit allem, was dazu gehört: Macht, Sexismus, öffentlicher Druck und viel Geld. Wie sich die kommenden Wochen im Fußballleben gestalten werden, was möglich und nicht möglich sein wird, was aber vor allem bei "Spielerfrauen" auf der Bühne passiert, aber auch über Fußball, denn Sina Martens hat selbst Fußball gespielt, darüber spricht die Schauspielerin mit Katja Weise bei NDR Kultur à la carte.
Über manche Spielerfrauen zum Beispiel Victoria Beckham oder Cathy Hummels weiß man eine ganze Menge, aber über viele andere wahrscheinlich gar nichts. Es gibt auch sehr viele Klischees, mit denen man wahrscheinlich zu tun hat, oder?
Sina Martens: Ja, ich finde, dass "Spielerfrauen" wirklich ein unglaublich klischeebehaftetes Wort ist. An einer Stelle sage ich auch sehr bewusst "Spielermänner" und mein Kollege sagt, das höre sich an wie eine "kleine Figur". Es ist vor allen Dingen namenlos und sehr klischeebehaftet. Es geht mir gar nicht so sehr darum zu wissen, was die machen oder nicht, sondern es geht mir um dieses Wort oder um diese öffentliche Wahrnehmung davon. Das Wort in Zusammenhang mit Verschwiegenheitsklauseln finde ich sehr problematisch. Im Grunde genommen sind das namenlose Frauen, die unter dem Begriff Spielerfrauen abgetan werden, die nicht reden dürfen und die auch keiner fragt oder mal versucht, eine andere Perspektive aufzumachen. Man könnte zum Beispiel auch mal über den Beruf einer Frau berichten und nicht nur darüber, wie sie auf der Tribüne aussieht.
Was glauben Sie, warum hält sich dieses patriarchale System so konsequent in dieser Welt des Fußballs, auch wenn es Risse bekommt?
Martens: Ich glaube, das hat ganz viel mit Geld zu tun. Es ist ein Sport, der seit Jahren sehr viele Menschen begeistert. Ich verstehe das, ich habe selbst Fußball gespielt und komme aus einer Fußballerfamilie, mich begeistert das auch. Ich finde es beeindruckend in einem Stadion zu sein und Fan-Gesänge zu hören und mitzufiebern. Ich will auch immer für irgendeine Mannschaft sein, dann bringt es mehr Spaß. Ich verstehe diese Faszination. Dadurch, dass viele Männerfußball machen und dieses Gefühl miteinander teilen, dass man sich auf etwas freut, zum Beispiel am Samstag oder Sonntag und zusammen zu einem Spiel geht und emotional sein kann, weil man mitfiebert. Das ist im Männerfußball sehr groß geworden. Jetzt gibt es seit geraumer Zeit riesige Transfersummen oder Fanproteste, die sich irgendwie gewehrt haben, weil sie das Gefühl haben, der Sport wird durch diese Form total kaputtgemacht. Ich glaube, das hat ganz viel mit dem riesengroßen System und dieser Faszination zu tun, die sich über die Jahre einfach aufgebaut hat.
Sie haben selber gespielt und auch ziemlich gut. Wie haben Sie das als spielende Frau erlebt?
Martens: Bis ich 16 Jahre alt war, habe ich gespielt und ich finde es tatsächlich auf eine Art und Weise viel härter. Denn ab 16 ist es im Jungsfußball so, da spielt man mit einem oder maximal zwei Jahren Älteren zusammen. Im Mädchenfußball ist es so, dass man ab 15 Jahren schon mit 20- oder 40-Jährigen zusammenspielt. Das heißt, es sind ganz andere Körper, die da aufeinander prallen. Deswegen habe ich auch aufgehört, weil ich nicht die körperliche Kraft hatte, um mich durchzusetzen. Der Mädchenfußball wird außerdem weniger ernst genommen. Es wird immer noch ein bisschen belächelt. Ich finde, es ändert sich ein bisschen was, weil wir auch eine DFB Frauen-Nationalmannschaft haben, die sehr auf verschiedene Themen hinweist. Ob es jetzt der Gender-Care-Gap ist, was sie unter anderem auf den Trikots mit der Nummer 16 und der vier aufgegriffen haben. Ich sehe schon, dass sich etwas verändert, aber es ist trotzdem ein riesengroßer Unterschied, was die Sichtbarkeit des Frauenfußballs angeht.
Was waren denn blöde Sprüche, die Ihnen damals begegnet sind?
Martens: Dieser Satz: 'Du weißt noch nicht mal, was ein Abseits ist, oder was passives Abseits ist.' Diese Unterstellung, dass man das als Frau nicht versteht, das ist wie ein Klischee, wie beispielsweise nicht einparken können. Einmal im Jahr werde ich gefragt, ob ich die Abseitsregel erklären kann. Wenn ich es kann und zeige, gibt es oft überraschte Gesichter.
Das Gespräch führte Katja Weise.