Museumsdirektor Andreas Beitin im weißen Hemd, spricht mit zwei OPersonen, die vor ihm stehen. © Marek Kruszewski Foto: Marek Kruszewski

"Happy 30!": Andreas Beitin und das Kunstmuseum Wolfsburg

Stand: 17.05.2024 00:01 Uhr

Das Kunstmuseum Wolfsburg feiert 30-jähriges Bestehen. Andreas Beitin, Kunsthistoriker, Kurator und Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg, erzählt im Interview über seine ersten Besuche und die neue Ausstellung.

Fünfzehn historische Werke aus dem Braunschweiger Herzog-Anton-Ulrich-Museum sind zu Gast im Wolfsburger Kunstmuseum, gehen sozusagen in den Dialog mit zeitgenössischen Gemälden, Skulpturen, Installationen international bekannter Künstler, darunter Jonathan Meese, Andreas Gursky, Bruce Nauman oder Cindy Sherman. Und so treffen Sichtweisen auf Körper, Befindlichkeiten, gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Der Blick geht von der Geschichte in die Gegenwart, vom Einzelnen aufs Ganze. Mit der Ausstellung "Welten in Bewegung" eröffnet das Wolfsburger Haus seine Jubiläumsschau, darüber spricht Museumsdirektor Andreas Beitin bei NDR Kultur à la carte. Einen Auszug des Gesprächs lesen Sie hier.

Herr Beitin, Sie waren 21 Jahre alt, als das Museum in Wolfsburg eröffnet wurde. Sie sind jetzt der vierte Direktor des Hauses und haben 2019 angefangen. Waren Sie damals schon zur Eröffnung vor Ort, oder wann haben Sie Ihre erste Ausstellung in Wolfsburg gesehen?

Andreas Beitin: Nein. Als ich 21 Jahre alt war, kannte ich das Haus noch nicht. Da wusste ich auch nicht, dass ich mal Kunstgeschichte studieren würde. Insofern war das noch in weiter Ferne. Ich habe mal recherchiert, tatsächlich war es 2010, dass ich das Museum zum ersten Mal besucht habe. Damals wollte ich unbedingt die Alberto-Giacometti-Ausstellung sehen, die der damalige Direktor Markus Brüderlin kuratiert hat. Ich habe ihn damals getroffen, das war wirklich ein sehr eindrückliches Erlebnis, weil er es wirklich geschafft hat, diesen großen Meister der klassischen Moderne ganz neu zu inszenieren. Das war ein sehr beeindruckender Moment, zum ersten Mal im Kunstmuseum Wolfsburg gewesen zu sein, ohne ahnen zu können, dass ich da jemals arbeiten würde.

Museumsdirektor Andreas Beitin im weißen Hemd, spricht mit zwei OPersonen, die vor ihm stehen. © Marek Kruszewski Foto: Marek Kruszewski
AUDIO: "Happy 30!": Andreas Beitin und das Kunstmuseum Wolfsburg (55 Min)

2010, als Sie Ihre erste große Ausstellung in Wolfsburg mit vielen Leihgaben aus aller Welt gesehen haben, wie haben Sie das Museum damals wahrgenommen?

Beitin: Ich war zum einen von der Großzügigkeit des Raumes begeistert. Es ist eine Riesenhalle, 40x40 Meter Grundmaß und 16 Meter hohe Räumlichkeiten, da kann man natürlich schon eine ganze Menge machen. Vor allen Dingen hat mich fasziniert, wie mutig Markus Brüderlin damals gewesen ist. Er hat teilweise sehr kleine Giacometti-Skulpturen in riesengroße, weiße Räume mit Hohlkehle gestellt. Denn das war seine These, dass Giacometti der Erfinder des Virtuellen sei. Über diese These kann man sich streiten, aber die Inszenierung, der Aufschwung waren extrem beeindruckend. In den nachfolgenden Jahren, wenn ich das Museum besucht habe, war ich immer sehr angetan und sehr begeistert von der Vielfältigkeit der Raumnutzung, auch von den Architekturen, die jedes Mal neu eingebaut worden sind. Es hat sich auf jeden Fall immer gelohnt, nach Wolfsburg zu fahren.

Am 25. Mai öffnen Sie eine große Jubiläumsausstellung aus Anlass des 30-jährigen Bestehens Ihres Hauses. Die läuft bis Anfang August, bis zur Sommerpause und trägt den Titel "30 Jahre Kunstmuseum Wolfsburg - Welten in Bewegung". Da ist ganz viel dabei, was in der zeitgenössischen, modernen Kunstwelt Rang und Namen hat. Ausstellungsstücke, die seit 1994 zum Teil in der hauseigenen Sammlung sind, die seit den Anfängen des Museums immer erweitert wurde. Sei es durch Ankäufe oder Schenkungen. Was ist das für eine Sammlung? Soll die möglichst umfangreich, vollständig und lückenlos sein, so wie bei anderen Häusern? Oder geht es Ihnen um etwas ganz anderes?

Beitin: Ich glaube, den Anspruch auf Vollständigkeit kann wahrscheinlich kaum ein Museum erfüllen und das wollen wir auch gar nicht. Unser Gründungsrektor Gijs van Tuyl, ist, als er die Sammlung aufgebaut hat, davon ausgegangen, dass er im Grunde genommen nicht in die Breite, sondern mehr in die Tiefe sammeln wollte. Er wollte nicht möglichst viele Künstlerinnen und Künstler anschaffen, sondern eher wenige und dann von denen etwas mehr. Davon haben wir uns ein Stückweit trennen müssen, weil wir schon seit vielen Jahren kein Ankaufsbudget mehr haben. Wir bekommen durch unseren Freundeskreis jedes Jahr großzügige Spenden. Wir haben auch eine ganze Reihe an sehr wohlgesonnenen Sammlerinnen und Sammlern, die uns Werke schenken. Wir versuchen im Rahmen dieser Möglichkeiten, die Sammlung etwas globaler, vor allen Dingen auch etwas weiblicher aufzustellen.

Wie viele andere Museen ist unsere Sammlung schon sehr geprägt von Männern aus dem europäischen und nordamerikanischen Kontext und das wollen wir sukzessive versuchen auszudehnen. Umso mehr freue ich mich, dass wir beispielsweise in unserer Jubiläumsausstellung auch eine spektakuläre Installation von Benedikte Bjerre zeigen können. Das ist eine dänische Künstlerin, wir werden aber auch eine Virtua- Reality-Arbeit zeigen. Auch medial soll es weitergehen, weil die Sammlung die Entwicklung der Kunst widerspiegeln soll. Natürlich sind es alles einzelne Zukäufe oder Schenkungen, die wir vornehmen können. Aber trotz allem, glaube ich, ist die Sammlung auf einem Weg, das widerzuspiegeln, was aktuell in der Kunst vonstattengeht.

Das Gespräch führte Janek Wiechers.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur à la carte | 17.05.2024 | 13:00 Uhr

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