Ein älterer Mann sitzt an einem Schreibtisch. Es ist der Verleger Lothar Schirmer. © ThomasDashuber Foto: ThomasDashuber
Ein älterer Mann sitzt an einem Schreibtisch. Es ist der Verleger Lothar Schirmer. © ThomasDashuber Foto: ThomasDashuber
Ein älterer Mann sitzt an einem Schreibtisch. Es ist der Verleger Lothar Schirmer. © ThomasDashuber Foto: ThomasDashuber
AUDIO: Lothar Schirmer: 50. Verlagsjubiläum Schirmer/Mosel (55 Min)

Lothar Schirmer: 50. Verlagsjubiläum Schirmer/Mosel

Stand: 29.04.2024 00:01 Uhr

Verleger Lothar Schirmer spricht über die Kunst des Sehens und warum es für ihn immer so wichtig war, in direkten Kontakt mit Kunstschaffenden zu treten. Das hat seine Sicht auf die Kunst verändert, verrät er im Interview.

von Martina Kothe

Es sind die besonderen Bücher: Kunst, Literatur, Foto, Mode oder Glamour. Lothar Schirmer hat das Gespür für Themen, Eleganz, Stil, und Attitude. In seinem Verlag fanden große Namen ein verlegerisches Zuhause: Gerhard Richter, Joseph Beuys, Cy Twombly, Edward Hopper. Museen und Sammlungen vertrauten sich ihm an, auch Fotografen wie Peter Lindbergh, August Sander oder Barbara Klemm. Und natürlich auch Schriftsteller wie Cees Nooteboom, Hans Magnus Enzensberger, Peter Handke oder Michael Krüger.

All seine Bücher bilden das "Hintergrundrauschen" einer 50-jährigen Verlags- und Berufstätigkeit. Wie das klingt, erzählt Lothar Schirmer in NDR Kultur à la carte.

Sie haben davon erzählt, dass Sie die Kunst des Sehens gelernt haben. Ich fand das deshalb interessant, weil Sie später in direkten Kontakt mit den Künstlern getreten sind, die Sie interessiert haben. Ich kann mir vorstellen, dass diese Kunst des Sehens auch noch mal immens erweitert wird, wenn man mit den Kunstschaffenden über Kunst spricht, oder?

Lothar Schirmer: Das war eine grundlegende Erfahrung, dass man bis zu einem gewissen Punkt ins Museum geht oder Kunstzeitschriften oder Bücher liest, dass man auf sich alleine gestellt ist und im Prinzip eine Art von Sekundärliteratur betrachtet. Dann sind die Bilder vielleicht ein bisschen anders, aber wenn man sich die richtigen Anleitungen aus den vielen autodidaktischen Möglichkeiten heraussucht, dann kommt man dahin. Es ist natürlich klar, wenn man das im direkten Kontakt zu den Menschen, die das hervorbringen, überprüft. Dann machen sich ganz neue Welten auf. Vor allen Dingen wird die Sache auf eine unglaubliche Art und Weise glaubwürdig.

Verändert das persönliche Treffen auf Künstler den Blick auf die Werke?

Schirmer: Die Menschen, die ich getroffen und aufgesucht habe, waren mit Bedacht ausgesucht. Ich muss sagen, wenn man Joseph Beuys zum Beispiel, der relativ umtriebig war, nachdem er ganz zurückhaltend gelebt und gearbeitet hatte, persönlich kennenlernt, dann hatte man in Sekundenschnelle den Eindruck, dass man es mit einem sehr ernsthaften Menschen zu tun hatte. Die Künstler haben sich außerdem sehr viele Gedanken über das gemacht, was sie taten. Sie konnten durch kein Geld der Welt bewegt werden, etwas zu tun, was sie nicht tun wollten. Sie waren im weitesten Sinne absolut selbstbestimmt. Dieser bürgerliche Verdacht, dass es sich um Scharlatane, Betrüger, oder um Leute handeln könnte, die etwas taten, weil man es selbst nicht verstand, löste sich auf. Wenn man diesen Verdacht hatte, waren immer ungeklärte Fragen da. Im Gespräch löste sich das ganz schnell in logische und sogar akademische Überlegungen auf. Das war am Ende die Offenbarung, würde ich sagen. Was man da gesehen hat, waren immer Sachen, die man ganz spontan verstanden hat, oder eben auch nicht.

Wie wird man Verleger?

Schirmer: Ich hatte gemerkt, dass man, um solche Gespräche sinnvoll zu führen, irgendeinen triftigen Grund brauchen würde. Dann habe ich gedacht, wenn jetzt ein Käufer oder ein Kunsthändler kommt, dann höre ich mir das alles an und widme ihnen die Zeit. Aber wenn man keine berufliche Verbindung hat, dann ist das sehr viel schwieriger. Wenn ich jetzt die Bildungsarbeit weitermachen will, brauche ich einen Beruf, der mich in der Umlaufbahn hält. Wir wissen, wie das ist, wenn man Abitur macht: Die Leute kommen vom Arbeitsamt und empfehlen alle möglichen Sachen. Nur wie man Pelz-, Diamanten-, Kunsthändler oder Verleger wird, das erzählen sie einem nicht. Dann soll man eher Arzt werden, doch da sind die Zeugnisse vielleicht nicht gut genug. Am Ende landet man doch wieder bei der Betriebswirtschaft.

Das Gespräch führte Martina Kothe.

Weitere Informationen
Ein Mann und eine Frau stehen lächelnd nebeneinander. © NDR Foto: NDR

Josef Hader: Meister des absurden Alltags

Der Kabarettist Josef Hader spricht bei NDR Kultur à la carte über seinen neuesten Film "Andrea lässt sich scheiden". mehr

Ein Mann mit weißen Haaren schaut freundlich in die Kamera. Er trägt ein weißes Hemd, ein blaues Jacket darüber mit einer roten Fliege. © picture alliance/dpa | Christoph Soeder Foto: Christoph Soeder

Christian Höppner: "Musik war und bleibt immer"

24 Jahre lang war Christian Höppner Generalsekretär des Deutschen Musikrat. Seit seinem Rückzug engagiert er sich leidenschaftlich für die Musik in Schulen. mehr

Lars Eidinger im Gespräch mit dem NDR © Screenshot

Eidinger: "Es gibt kein Stück, in dem ich nicht am Ende sterbe"

Zwischen Trauer, Komik und Tragik spielt Eidinger den Dirigenten Tom Lunies - das Alter Ego von Regisseur Matthias Glasner. Für den Schauspieler ist der Tod eine große Unbekannte. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur à la carte | 29.04.2024 | 13:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Romane

Lyrik

Krimis

Ein Latte Macchiato, eine Brille und eine Kerze liegen auf einem Buch © picture alliance / Zoonar | Oleksandr Latkun

Bücher 2024: Das waren die interessantesten Neuerscheinungen

Unter anderem gab es Neues von Martina Hefter, Frank Schätzing, Markus Thielemann, Isabel Bogdan oder Lucy Fricke. mehr

Logo vom NDR Kultur Podcast "eat.READ.sleep" © NDR Foto: Sinje Hasheider

eat.READ.sleep. Bücher für dich

Lieblingsbücher, Neuerscheinungen, Bestseller – wir geben Tipps und Orientierung. Außerdem: Interviews mit Büchermenschen, Fun Facts und eine literarische Vorspeise. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Charlie Hübner sitzt an einem Tisch. © Thomas Aurin

Charly Hübner als wandelbarer Antiheld in "Late Night Hamlet"

Munteres Late Night Geplauder trifft auf Shakespeare-Drama - so das Setting für den Solo-Abend im Schauspielhaus Hamburg. mehr