Josef Hader: Meister des absurden Alltags
Der Kabarettist Josef Hader hat im Kinofilm "Andrea lässt sich scheiden" das zweite Mal Regie geführt. Bei NDR Kultur à la carte verrät er, warum für ihn das Tragische wirklich tragisch sein muss und das Komische manchmal unpassend komisch.
Er spielt vor der Kamera, arbeitet hinter der Kamera, steht aber vor allem mit seinem trockenen Humor als Kabarettist auf der Bühne: Josef Hader. 1962 in Oberösterreich geboren hat der Tausendsassa immer viel zu tun: "Hader on Ice" heißt sein aktuelles Kabarett-Programm mit dem er durch Österreich, die Schweiz und Deutschland tourt. Seit dem 4. April läuft seine Komödie "Andrea lässt sich scheiden" in den Kinos - prominent besetzt mit Birgit Minichmayr als Provinzpolizistin in der Hauptrolle. Einen Auszug des Gesprächs lesen Sie hier, das ganze Gespräch können Sie in der ARD Audiothek hören.
Den absurden Alltag beherrschen Sie wie kein zweiter: Die junge Witwe kotzt auf die Straße und da kommen zwei Passanten mit Nordic-Walking-Stöcken vorbei und wünschen "Beileid". Oder es gibt ernste Gespräche und im Hintergrund fährt ein Mähroboter oder tote Kühe werden abtransportiert. Woher kommen diese Szenen, Herr Hader?
Josef Hader: Das ist von der Idee getragen, dass das Komische und das Tragische im Leben nicht so schön getrennt sind, sondern meistens gleichzeitig passieren. Es sitzt jemand in der Küche und weint, dann kommt jemand anders rein und streicht sich ein Butterbrot. Der Weinende reißt sich sofort zusammen und versucht, nicht mehr zu weinen. Der andere weiß aber nichts davon, wie traurig der ist und sagt was ganz Unpassendes. Das sind Szenen, die in jeder Sitcom vorkommen. Ich bin wahrscheinlich durch den Film "Indien" dazugekommen. Das war zum ersten Mal ein Film, wo ich plötzlich Filmschauspieler war. Ein Freund und ich, wir hatten ein Theaterstück geschrieben, das haben wir auf Kabarettbühnen gespielt und dann wurde das plötzlich verfilmt. Das war ein Stück, in dem wir wollten, dass in der ersten Hälfte alle lachen und sich alle auf die Schenkel klopfen und in der zweiten Hälfte sollten alle weinen. Wir wollten auf einer Kabarettbühne eine Tragödie veranstalten. Der Film war ein Erfolg. Also mag man dieses Tragisch-Komische auch, weil es das Leben abbildet. Aber es darf nicht so unverbindlich sein, das Tragische muss wirklich tragisch sein und das Komische manchmal unpassend komisch, sonst wird es zu nett. Das ist wichtig.
Diese Momente gibt es im Alltag häufig. Bei mir im Bekanntenkreis nennen wir sie den "Josef-Hader-Moment".
Hader: Ich muss aber auch sagen, dass dieses Tragisch-Komische für mich, gar nicht so sehr an Österreich gebunden ist, sondern das ist sehr international. Das gibt es überall.
Es funktioniert auch in Norddeutschland.
Hader: Es kommt auch daher, weil in Norddeutschland auch ein schwarzer und trockener Humor existiert. Ich kann mich noch erinnern, als ich den ersten Detlev-Buck-Film "Karniggels" gesehen habe, da geht es um rituelle Kuh-Morde in Schleswig-Holstein, die von Polizisten aufgeklärt werden. Ich dachte mir damals, das ist fast wie hier bei uns in Österreich, diese Verbindung. Erstens diese mundfaule Landbevölkerung, die in der Landschaft rumsteht, und zweitens generell diese Verbindung von Komik und von drastischen und tragischen Dingen, da gibt es irgendeine seltsame Verwandtschaft.
Das erste Wort im Film wird von einem Chor gesungen und ist das Wort "Heimatland". Auch Sie lebten die ersten 20 Jahre Ihres Lebens auf einem Bauernhof auf dem Land. Welchen Platz hat die Provinz in Ihnen?
Hader: Es ist die Kindheit. Kindheit kriegt man nicht weg. Ich komme von einem Bauernhof. Der ist in den vergangenen 40 Jahren vollkommen umgebaut worden. Aber die Natur, die bestimmten Ecken, zum Beispiel im Wald, wo man als Kind war, die bleiben. Das ist natürlich da. Da fahre ich gerne hin, fahre aber nach zwei oder drei Tagen auch gerne wieder weg, weil ich schon mit Überzeugung in die Stadt gegangen bin.
Das Gespräch führte Juliane Bergmann.