Sie brachte die Stille zum Klingen: Komponistin Sofia Gubaidulina ist tot
Die russisch-tatarische Komponistin Sofia Gubaidulina ist im Alter von 93 Jahren gestorben. Die vergangenen 30 Jahre lebte sie in Deutschland im Exil in Appen (Kreis Pinneberg).
Der russisch-orthodoxe Glauben und die Stille prägten die Musik der tatarischen Komponistin. Eine wesentliche Quelle für ihre Klänge war das Improvisieren. Dabei hat sie mit Instrumenten wie dem Aquaphon oder der Sitar faszinierend seltsame Klangzaubereien in die Musik gebracht. "Ich bin wirklich tief erschüttert, dass wir diese wahnsinnig reine Seele verloren haben", sagt die Geigerin Anne-Sophie Mutter. "Und es hat mich auch sehr bewegt, wie ihre Antwort ist, was sie für die Welt ist." Einmal wurde sie gefragt: Was sie als Klangschöpferin für die Welt tun könne? Ihre Antwort: Sie sei nicht die Ärztin - sie sei der Schmerz. "Sie war einer der Komponisten, die Realist genug waren den menschlichen Makel in all seiner Schwäche zu sehen und uns als Widerholungstäter zu erkennen. Aber die dann doch auch immer wieder den Weg wies, wie es auch sein könne, wenn wir zu einander finden - wenn wir zur Liebe finden, zum Miteinander", so Mutter.
Im tartarischen Tschistopol wurde Sofia Gubaidulina am 24. Oktober 1931 geboren: in eine Kultur, in der das Miteinander schweigen ein Akt der Höflichkeit ist. Ihr Vater war Landvermesser. Als Kind hat sie ihn oft schweigend begleitet. "Das ganze Leben brauche ich diese Erfahrung, die Stille zu hören", sagte sie einmal im Gespräch mit NDR Kultur. "Einsamkeit und Stille ist für mich nötig. Ohne die Natur ist es unmöglich diese Konzentration des Geistes zu bekommen."
Internationaler Durchbruch mit "Offertorium" und Gidon Kremer
Sofia Gubaidulina verbrachte ihre Kindheit in Kasan, Russlands Tor nach Asien und hörte dort die Musik unterschiedlichster Volksgruppen. Schon 1966 brachte sie mit ihren bisweilen melancholisch-exotischen Klangwelten neue Klangfarben in das westliche Musikleben. Mit ihrem ersten Violinkonzert "Offertorium", dass sie dem Geiger Gidon Kremer widmete, kam für sie 1986 der internationale Durchbruch".
Komponieren: "Ein religiöser Akt"
Komponieren, erklärte, Sofia Gubaidulina sei für sie stets ein religiöser Akt. Zahlreiche ihrer Werke, weisen auf religiöse Ursprünge hin. "Idealfigur ist für mich Johann Sebastian Bach: intuitive, feurige Entwicklung und strenge und fantastisch konzipierte strukturelle Arbeit aus dieser Reibung."
Berühmte Interpreten baten sie, ihnen Werke zu schreiben. So entstanden unter anderem ein Violinkonzert für die Geigerin Anne-Sophie Mutter, "Der Sonnengesang des Franz von Assisi" für den Cellisten Mstislaw Rostropowitsch und ein "Konzert für Flöte, Streicher und Schlagzeug" für den Flötisten Emmanuel Pahud.
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