Opern-Souffleuse Karin Seinsche "Zur Not singe ich auch!"
Sie hat viele Talente und arbeitet doch meist im Verborgenen. Karin Seinsche ist eine von zwei Souffleusen an der Staatsoper Hannover. Dafür spricht sie nicht nur mehrere Sprache und kann singen, manchmal ist sie auch selbst auf der Bühne zu sehen.
Es war Zufall, dass sie überhaupt zu dem Job kam, nachdem sie für eine erkrankte Kollegin eingesprungen war. NDR Kultur hat mit Karin Seinsche über ihre abwechslungsreiche Arbeit an der Oper gesprochen.
Wie werden Sie am liebsten genannt?
Karin Seinsche: Meine Berufsbezeichnung ist Souffleuse am Musiktheater. Man kann mich auch Rettungsanker, Einflüsterin, die gute Perle im Kasten, der Fels in der Brandung, Mutmacherin nennen. Da gibt es ganz viele Bezeichnungen.
Wie sind Sie dazu gekommen?
Seinsche: Das war Zufall. Als ich noch als freiberufliche Regisseurin gearbeitet habe, hat die Staatsoper in Hannover gefragt, ob ich für drei Monate eine kranke Kollegin ersetzen könnte. Also Einspringerin für meine kranke Kollegin als Souffleuse. Dadurch, dass ich seit Jahren, seit Jahrzehnten den Opernbetrieb kannte und wusste, was Soufflieren heißt, bin ich eingesprungen. Das hat mir so gefallen, dass ich irgendwann gesagt habe, dass ich mich bewerbe, wenn die Kollegin in Rente geht. Und so bin ich an die Staatsoper Hannover gekommen.
Ihre Arbeit findet im Unsichtbaren satt, trägt aber einen wesentlichen Teil zum Gelingen einer Vorstellung bei. Vermissen Sie es, im Rampenlicht zu stehen oder genießen sie das eher?
Seinsche: Also ich genießen das auch mal. Man muss nicht immer im Rampenlicht stehen. Aber es ist ganz unterschiedlich. Manchmal bin ich tatsächlich auch sichtbar auf so einem Turm in Orchestergraben oder zum Beispiel bei "Kasimir und Karoline", einem Musical, da bin ich aktiv mit auf der Bühne. Ein bisschen versteckt, aber wenn man mich kennt, sieht man mich.
Sie beschäftigen sich ganz intensiv mit den Partituren der jeweiligen Werke. Wie bereiten Sie sich vor?
Seinsche: Wenn ich das Stück nicht kenne, lese ich die Inhaltsangabe und dann höre ich mir das mal an, wenn es eine Aufzeichnung gibt und nehme dazu den Klavierauszug. Ich gucke einfach mal, was ist der Schwierigkeitsgrad. Ich bin ja eine gute Blattleserin. Also im Prinzip kann ich auch einfach kommen und vom Blatt soufflieren.
Sie bringen ja unglaublich viele Voraussetzungen mit. Wie viele Sprachen sprechen Sie?
Seinsche: Natürlich Deutsch und dann Englisch, Französisch, Italienisch. Die spreche ich. Ein bisschen Griechisch, phonetisch kann ich Russisch und Tschechisch. Okay, Spanisch ist auch kein Problem, weil ich Italienisch spreche und auch sehr lange Latein hatte. Man kann es ableiten.
Gibt es ein Signal, dass die Sängerinnen und Sänger Ihnen geben können, so nach dem Motto "Achtung, ich hänge"?
Seinsche: Ja, das gibt es. Das geht meist über Augenkontakt. Aber ich souffliere eigentlich immer die Textanfänge, manchmal auch nach einem Komma. Das kommt immer ein bisschen individuell auf jeden einzelnen Sänger an. Ich spreche das mit denen vorher ab.
Sie sind auch selbst Sängerin - oder?
Seinisch: Ja, ich hab das mal studiert.
Haben Sie auch schon mal mitgesungen, um den Sängerinnen, den Sängern zu helfen?
Seinisch: Also wenn die Sänger nicht mehr wissen, wo sie sind und die Texte total weg sind, dann singe ich manchmal auch.
Das Interview führte Raliza Nikolov.