Neue Comics für Kinder: Klassiker im frischen Gewand
Klassiker sind verstaubt. Klassiker sind was für alte Leute. Falsch. Wenn sie neu erzählt werden, und das richtig, können sie eine Menge Spaß und Lust auf noch mehr Lesen machen - vor allem bei Kindern.
Unser Comic-Experte stellt drei Bücher vor, die zum Lachen bringen und zum Mehr-lesen-Wollen.
"Der geheime Garten": Roman-Klassiker als cooler Comic
"Seit Menschengedenken hat niemand je ein Kind gesehen", heißt es am Anfang, "mit so bitteren Gesichtszügen, so ungesunder Hautfarbe und so verdrießlicher Miene wie die garstige, trotzige Miss Mary." Es ist 1910. Irgendwo in Indien besteigt ein kleines Mädchen einen Dampfer, der sie zu ihrem Onkel nach England bringt. Allein - denn ihre Mutter und alle anderen sind an Cholera in der Fremde gestorben.
Voller Witz und Spaß entwickelt sich die Geschichte, auch wenn die kleine Miss Mary von ihrem Onkel ignoriert wird und auch sonst keinen Spaß im Herrenhaus und im düsteren Moor hat. Aber als sie eines Tages einen geheimen Garten entdeckt, ändert sich alles. Der Roman-Klassiker von Frances Hodgson Burnett, die auch schon den "Kleinen Lord" geschrieben hat, ist als Comic ziemlich cool umgesetzt. Die Dialoge sind voller Rhythmus und auf dem Punkt. Die Zeichnungen: farbenfroh und abwechslungsreich durch die Perspektiven, Mimiken und Erzählweisen. Ein wunderbarer Comic, der sich besonders gut vorlesen lässt.
"Der Bärbeiß": Geschichte von Akzeptanz und Toleranz
"Weil der Bärbeiß immer unglaublich schlechte Laune hatte, baute er sich ein ziemlich großes Haus." So beginnt der Kinderbuch-Klassiker von Annette Pehnt und Jutta Bauer. Die Zeichnerin Josephine Mark hat ihn nun als Comic neu belebt.
Der Bärbeiß ist verschwitzt, verzottelt und extrem griesgrämig. Im feinsten Comic-Stil grummelt der bärige und übel gelaunte Fellhaufen mit kindgerecht getuschten Zeichnungen von Panel zu Panel durch die Seiten. Das kleine Sonnenscheinchen Tingeli, das an eine Mischung aus Maus und Fuchs erinnert, gibt sein Bestes, um ihn aufzuheitern.
Ob beim Kuchenessen, Federballspielen oder bei einer Schneeballschlacht - das kleine Tingeli hat ein großes Herz und viel Geduld mit dem Bärbeiß, bis es zum Streit kommt. Die Geschichte vom Anderssein, von Akzeptanz und Toleranz ist kurzweilig - besonders durch die verspielten Zeichnungen und kurzen Dialoge. 96 Seiten dauert der Lesespaß, und am Ende gibt es sogar Eis mit Schnodder-Minze-Geschmack.
"Gilles der Gauner": Ein Räuber mit Hang zu Missgeschicken
Der Achtzigjährige Krieg tobt zwischen Spanien und den Niederlanden um 1600. In den ganzen Niederlanden? Eine kleine Gruppe Aufsässiger wehrt sich gegen die spanischen Eroberer. An ihrer Spitze steht Gilles, ein Räuber und Wegelagerer mit Hang zu Missgeschicken und witzigen Ideen. Ausgestattet mit einem überdurchschnittlich dominanten Unterkiefer und einem Clark-Gable-Bärtchen mogelt er sich von Abenteuer zu Abenteuer.
Alles erinnert ein bisschen an Asterix einerseits und die gnubbeligen Abrafaxe andererseits, mit ihren harten Outlines und farbigen Gewändern und Umgebungen. Entstanden sind zahlreiche Episoden unter dem Titel "Gilles der Gauner" bereits in den 1980er-Jahren. Der Panini-Verlag bringt sie in einer dreibändigen Gesamtausgabe heraus - Band Nummer zwei liegt nun vor. Es gibt enorm viel Situationskomik, Historisches und Aberwitziges. Lange unter dem Comic-Radar in Deutschland, doch nun auch im Buchladen um die Ecke zu finden - für viele eine wunderbare Neuentdeckung.