Neue Kindercomics: Mit Tiefe und Empathie
Kindercomics müssen nicht immer leicht und bunt sein. Wir stellen Ihnen heute drei Bücher für Kinder und Jugendliche vor, die viel Tiefe und Empathie besitzen.
"Diebin" von Lucie Bryon - Feelgood Romanze ohne Erwachsene
Wenn man sich nach einer Party an nichts erinnert kann, ist das ziemlich blöd. So ist es Ella ergangen. Als sie aufwacht, findet sie Dinge um sich herum, die nicht ihre und ziemlich teuer sind. Als ob das nicht genug ist, ist sie dazu noch in die Tochter der vermeintlichen Eigentümer verknallt - aber eine Kleptomanin ist sie nicht - oder ist sie doch eine Diebin?
Das gleichnamige Buch der Französin Lucie Bryon besticht durch eine klare Bildsprache und lebensnahe Dialoge. Erwachsene sind kaum bis selten zu finden und so spielt die Geschichte in einer Welt, die nur von den Problemen der Teenies geprägt ist. Feinfühlig, empathisch und glaubhaft erzählt Bryon von Jugendliebe und Alltagsproblemen mit einer Menge Witz und Spannung - bis zum Ende.
" Elle(s)" von Aveline Stockart und Kid Toussaint - Girlspower mit Persönlichkeitsstörung
Im ersten Teil der aus Belgien stammenden Geschichte ist Elle die Neue an der Schule. Etwas introvertiert, hat sie dennoch schnell Freunde, hängt mit ihnen in der Mensa ab und verbringt auch sonst viel Zeit mit ihnen - alles scheint in Ordnung zu sein. Die fünf Best-Buddys akzeptieren sie so, wie sie ist, trotz ihrer Persönlichkeitsschwankungen: Mal ist sie ruhig, dann wieder aufbrausend. Mal ist sie wortkarg, dann wieder Gruppenkasper. Später wird klar: sie hat eine pubertäre bipolare Störung, die bei Stress ausbricht. Sechs verschiedene Elle-Persönlichkeiten lösen Probleme - oder lösen sie aus.
Jetzt liegt der zweite Teil der Geschichte vor, und wir tauchen tiefer in die verschiedenen Charaktere von Elle ein. Es wird spannend und vielschichtiger, denn sie versucht, ihre wahre Herkunft herauszubekommen. Die Autorin Aveline Stockart könnte sofort in den Pixar- oder Disney-Studios anfangen, erinnern doch ihre Figuren und das Artwork sehr an Anna und Elsa aus der "Eiskönigin" oder "Die Unglaublichen". Das stört eigentlich nicht - eher schon die Modelmaße aller Beteiligten. Dennoch, die Bände haben Schwung, Rhythmus und viel Spannung. So ist "Elle(s)" eine wunderbar erzählte Geschichte über unsere Psyche, das Anderssein und wahre Freundschaft.
"Oma zu verkaufen" - Kindercomic über den Ausverkauf einer Familie
Der Hamburger Kibitz Verlag hat beim aktuellen Jugendliteraturpreis den Preis fürs beste Kinderbuch bekommen. Sein neuester Titel "Oma zu verkaufen" ist ebenso erfrischend. Bei einem Straßenflohmarkt wird aus Versehen die kleine Schwester mit verkauft. Die Eltern sind entsetzt, besorgen sich aber am nächsten Ecken-Trödel kurzerhand ein neues Töchterchen. Die ist ein bisschen teurer als gedacht und so muss Oma ran. Preisschild um: Verkauf gebongt - inklusive kleinem Bruder.
Was absurd klingt, ist es auch - absurd-komisch und cartoonhaft gezeichnet. Autor Martin Baltscheit und Zeichner Thomas Wellmann führen aus, was manch Kinderhirn oder Erwachsenenbirne sich gern mal wünscht. Am Ende ist klar - allein sein ist cool, aber ohne die Familie geht nichts, auch wenn es manchmal mit den Geschwistern und Eltern ein bisschen nervt. "Oma zu verkaufen" ist erfrischend, mutig und extrem unterhaltsam.