Zeruya Shalev: Bestseller-Autorin liest in Hamburger Schule
Die Lesung der israelischen Autorin Zeruya Shalev aus ihrem Buch "Nicht ich" - gemeinsam mit der deutschen Regisseurin Maria Schrader - fand nicht etwa im Schauspielhaus oder in der Elbphilharmonie statt - sondern in der Aula des Gymnasiums Blankenese.
Über diesen Abend gibt es mindestens drei Geschichten zu erzählen. Angefangen mit der, wie es einer kleinen Buchhandlung in Blankenese - der Buchhandlung Wassermann - gelungen ist, diese Weltstars präsentieren zu dürfen.
Auftritt am Holocaust-Gedenktag
Pascal Mathéus, einer der beiden Leiter, sagt: Sie hätten eben ein bisschen Glück gehabt. "Und gute Beziehungen zu den Verlagen, in dem Fall eben zum Piper Verlag, die uns das zugetraut haben, in kürzester Zeit diese Veranstaltung auf die Beine zu stellen." Sein Co-Geschäftsführer Florian Wernecke freut sich. "Jetzt ist hier wirklich richtig volles Haus. Es ist einigermaßen unfassbar, muss man sagen - ist schon toll."
Mindestens fünfhundert Karten hätten sie für diesen Abend verkaufen können. Die beiden Leiter der Buchhandlung haben die Lesung des neuen Buchs von Zeruya Shalev ins örtliche Gymnasium ausgelagert. Hier fanden immerhin 350 Menschen Platz, für den einzigen Hamburg-Auftritt der Schriftstellerin. Und das auch noch am Holocaust-Gedenktag.
Shalev froh über Distanz zum Krieg in Israel
Zeruya Shalev, die mit Mitte 60 komplett alterslos wirkt mit ihren langen, dunklen Haaren und der hellen Stimme, bedankt sich zunächst beim Publikum - für die Solidarität, die Wärme, die sie von Anfang an spürt. "Ich fühle mich so viel besser", sagt die Schriftstellerin. Das ist die zweite Geschichte des Abends. Sie habe lange überlegt, ob sie ihr Heimatland Israel in so einer schwierigen Situation überhaupt verlassen könne. Noch im Flugzeug sei sie aus einem kurzen Traum hochgeschreckt, habe für einen kurzen Moment gedacht, es gäbe ihr Land nicht mehr. Nun, da sie hier sei, merke sie aber: Die Distanz tue ihr auch gut. Wiederholt hatte sie sich in den letzten Wochen kritisch geäußert, die Politik Netanjahus deutlich kritisiert. Doch an diesem Abend, in diesen Tagen, geht es endlich einmal wieder um ihre Kunst.
Und das ist die dritte Geschichte des Abends: Die des neuen Buchs von Zeruya Shalev, das gar kein neues Buch ist - sondern ihr allererstes. "Nicht ich" heißt es und ist jetzt zum ersten Mal auch auf Deutsch erschienen. Geschrieben hat Zeruya Shalev es schon vor über 30 Jahren. Ihr Debütroman über eine wütende junge Frau, die weder Ehefrau noch Mutter sein will und sich in Fantasiewelten verliert, wurde damals von israelischen Kritikern zerrissen! Das habe sie in eine tiefe Krise gestürzt, sagt sie. "Ich war damals, als junge Schriftstellerin, richtig traumatisiert." Heute blicke sie ganz neu auf ihr Buch von damals - und findet es wichtiger denn je.
Seit 20 Jahren verbunden: Maria Schrader und Zeruya Shalev
Maria Schrader liest mehrere Ausschnitte aus "Nicht ich", sie ist die deutsche Stimme von Zeruya Shalev und hat alle Bücher der Schriftstellerin eingelesen. Die beiden Frauen verbindet bereits eine lange Freundschaft - im Grunde die vierte, spannende Geschichte dieses Abends. Vor knapp 20 Jahren, so erzählen sie, waren sie auf Lesereise mit dem Weltbestseller "Liebesleben" von Zeruya Shalev. Die beiden sprachen über eine Verfilmung des Buchs. Ob sie die Hauptrolle übernehmen wolle, fragte die Israelin. Maria Schrader wollte lieber etwas anderes: Sie wollte den ganzen Film machen! Und damit begann für Maria Schrader, die bis dahin vor allem als Schauspielerin bekannt war, eine neue und mittlerweile Emmy-preisgekrönte Karriere: "Liebesleben" war ihr Debüt als Regisseurin.
Das Publikum im Gymnasium Blankenese war am Sonnabend begeistert von dieser ganz besonderen Frauenkonstellation, ergänzt durch Shelly Kupferberg, die den Abend wunderbar übersetzt und moderiert hat.